„Ich bin gespannt auf das, was kommt“

 

Lübecker Nachrichten: Sie verlassen nach zehn Jahren die vorderste Position des Lauenburgischen Kirchenkreises. Haben Sie das Gefühl, etwas bewirkt zu haben?

Peter Godzik: Ja, durchaus. Da gibt es beachtliche Spuren in Köpfen, Herzen und Strukturen. Einige Kirchengemeinden haben Anregungen aus den Visitationsberichten aufgenommen und in Bauvorhaben und Strukturveränderungen umgesetzt. Die Ratzeburger Pastoren haben den Vorschlag zur Bildung eines Stadtpastorenkonvents samt Umlandgemeinde Ziethen gerne aufgenommen. Manches hat auch erst im zweiten Anlauf geklappt, zum Beispiel die Einrichtung einer Krankenhauspfarrstelle am DRK-Krankenhaus in Ratzeburg. Spuren hinterlassen hat wohl auch meine Bereitschaft, mich den Vereinen und Verbänden und den politisch Verantwortlichen so aufmerksam zuzuwenden. Bleiben wird auch der kleine Führer „Kirchen im Kreis Herzogtum Lauenburg. Eine Entdeckungsreise ...“

 

LN: Was haben Sie nicht geschafft? Gibt es etwas, wovon Sie enttäuscht sind?

Godzik: Ich habe es nicht geschafft, den Kirchenkreis Herzogtum Lauenburg als eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts dauerhaft zu erhalten. Ich bin enttäuscht darüber, dass die guten Vorschläge zur Kirchenreform aus dem Lauenburger Land in Nordelbien nicht ausreichend beachtet worden sind. Umso wichtiger ist das Einvernehmen mit den Lübeckern über die Eckpunkte der Fusion.

 

LN: Wenn Sie es maßgeblich mitbestimmen könnten, wie sollte es im Lauenburgischen Kirchenkreis weitergehen?

Godzik: Mit Zuversicht. Leitungsstrukturen in der Kirche sind nicht das Wesentliche. Es kommt auf die Verkündigung des Evangeliums in Wort und Tat an, auf die Nähe zu den Menschen.

 

LN: Jetzt widmen Sie sich in Rendsburg künftig um das, was schon immer Ihr besonderes Gebiet war: die Sterbebegleitung. Was reizt Sie daran?

Godzik: Die Mitarbeit in einem Netzwerk hochmotivierter, freundlicher und zuwendungsfähiger Menschen an einer Grenze menschlichen Lebens, die es aufmerksam wahrzunehmen und liebevoll zu gestalten gilt. Es geht um die Bewusstmachung einer großen gesellschaftlichen Herausforderung angesichts einer immer älter werdenden Gesellschaft. Das Sterben gehört zum Leben dazu. Es kommt nicht darauf an, dem Leben unter allen Umständen mehr Tage, sondern den Tagen mehr freundliches Leben zu geben. Ich freue mich auf eine theologisch und seelsorgerlich profilierte Arbeit, die sich nicht mehr mit Macht-, Geld- und Strukturfragen herumplagen muss.

 

LN: Sie haben einige Schriften und Bücher veröffentlicht, zuletzt in diesem Jahr das Buch „Was weiß die Raupe schon vom Schmetterling“. Dabei geht es um die Metamorphose, die Wandlung von einem Dasein in ein anderes. Also ein Leben nach dem Tod. Was stellen Sie an, einen Menschen, der nicht daran glaubt, zu überzeugen?

Godzik: Ich erzähle ihm Geschichten, etwa die von den Zwillingen im Mutterleib, die sich darum streiten, ob es wohl eine Mutter gibt oder nicht. Das Mädchen hat da eine Ahnung aufgrund der Wehen, die einsetzen und die sie als Hinweise und Zeichen deutet; der Junge glaubt nur das, was er unmittelbar vor Augen hat. Eine köstliche kleine Geschichte, die von dem katholischen Theologen Henri Nouwen stammt.

 

LN: Ihre zweite Veröffentlichung in diesem Jahr ist eine Sammlung von „Wort zum Sonntag“-Beiträgen in den LN. Was letztlich kleine Predigten in komprimierter Druckfassung sind. Jeder Ihrer Kolleginnen und Kollegen ist mal dran. Routine also. Was macht aus einem solchen Text einen erbaulichen Zuspruch?

Godzik: Wenn es gelingt, eine echte Frage wahrhaftig zu beantworten. Wenn Echtheit, Herzlichkeit und Nachdenklichkeit bei dem zum Tragen kommt, was wir den Menschen sagen – kurz und knapp oder manchmal auch etwas länger.

 

LN: Was möchten Sie nach einem Arbeitsleben im kirchlichen Dienst am liebsten über sich hören?

Godzik: Neben all den Zumutungen gab es doch auch anregende und hinreißende Seiten an ihm. Er wollte Menschen mit der überraschenden und verwandelnden Botschaft des Evangeliums anstecken und in Bewegung bringen. Er war auch mit Jesus von Nazareth.

 

LN: Wovor hat ein Kirchenmensch am meisten Angst, wenn das geschieht, wovon er auf der Kanzel immer wieder gesprochen hat: wenn er selbst vielleicht einmal vor seinem Schöpfer steht?

Godzik: Dass ich allzu beschämt dastehen könnte angesichts der überwältigenden Liebe, die mich umgibt. Dass ich das leise Sprechen meines Namens überhören könnte. Mit einem Wort: dass mir Hören und Sehen vergeht. Ich bin gespannt auf das, was kommt. Ich möchte sehen, schmecken, fühlen, was ich geglaubt habe.

 

LN: Ihre Nachfolge steht noch nicht fest, aber fest steht, dass es eine Frau wird. Was wird anders unter weiblicher Führung?

Godzik: Die Übertragungsdynamik gegenüber einer weiblichen Vorgesetzten, und das heißt ja „Pröpstin“, wird anders sein. Vielleicht ringen sich die Männer zu einer weniger rivalisierenden Haltung durch. Und die Frauen wird es freuen, eine der Ihren in dieser verantwortlichen Position zu sehen. Beide Bewerberinnen können das gut, was sie zu tun haben werden.