Aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es. (Epheser 2,8)

 

Wir leben als Kirche in schwierigen Zeiten. Das ist allerdings nie anders gewesen. Es gehört vielmehr zum Wesen der Kirche, dass sie zu allen Zeiten in der Krise ist. Ihre Botschaft bleibt vielen Menschen fremd und ist Missverständnissen ausgesetzt. Auch heute schwelt die Kirchenkrise und zwingt zu ständiger Selbstbesinnung auf den Auftrag der Kirche. Neu ist nur, dass die kirchlichen Strategen Hilfe außerhalb der Kirche und ihren Quellen suchen. Da werden Wettbewerbe ausgeschrieben, die das verstaubte Bild der Kirche auffrischen sollen. Da werden Kampagnen gestartet mit dem Ziel, den Strom derer umzukehren, die von der Kirche und ihren Quellen nichts mehr erwarten und die Kirche verlassen.

Unvoreingenommene Zeitgenossen fühlen sich je nach Standort und Stimmung provoziert oder gelangweilt oder sogar zum Nachdenken angeregt. Oder spüren sie vielleicht auch die Hilflosigkeit, die hinter solchen Aktionen steht? Die gut gemeinten Untersuchungen von Unternehmensberatungen decken auf, was alle ahnen: dass die Kirche eine alteingesessene Institution ist, die ihr Profil neu schärfen sollte – vor allem sollte sie zugänglicher, verständlicher werden. Stillschweigend wird vorausgesetzt, die Kirche wäre mit einem neuen strahlenden Image, mit glänzender Fassade und strahlendem Verkaufspersonal schon wieder auf dem Wege der Besserung. Moderne, aber nichtssagende Worthülsen wie z.B. Marketing oder Innovation werden zu Zauberworten für Machbarkeitsfantasien, als liege es in meiner Hand oder in den Händen der Pastorinnen und Pastoren, Kirche zu produzieren.

„Aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es.“ Das klingt sehr dogmatisch und darum anscheinend belanglos. Aber beim Wort genommen werden die Worte aus dem Epheserbrief zum Sprengstoff für alle Machbarkeitsstrategien: denn Kirche ist nicht zu machen. Kirche ist nur zu erglauben, wie Martin Luther uns überliefert hat. Wo Kirche erglaubt wird, da ist Kirche. Kirche ist ein Geschenk des Glaubens. Wo Menschen sich zum Hören, Glauben, Singen, Beten versammeln, da ist die Kirche. Die Kirche redet im Auftrage Gottes von der Hoffnung für eine geschundene Welt. Die Gabe der Liebe ist ihr von Christus selbst anvertraut. Diese Liebe soll sich selbstlos verströmen in die Welt hinein. Aus Glaube, Hoffnung und Liebe wächst die Kirche immer wieder neu heraus. Ich brauche die Kirche nicht zu machen, sondern ich finde mich in der Kirche wieder und lebe in ihr. Sie ist schon lange da und sie bleibt, denn Gottes Gabe ist sie. Dieses Glaubensbekenntnis macht jede nachwachsende Generation frei, ihre eigenen Wege zu den Menschen in der Welt zu suchen, in der Kirche und für die Kirche zu leben.

 

Peter Godzik, Propst in Ratzeburg