Bericht des Propsten für die KK-Synode am 29.11.2000

Der gegenwärtige Stand der ökumenischen Beziehungen
Vor einem Jahr habe ich an dieser Stelle das Zustandekommen der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ (GER) begrüßt. Mir war daran wichtig, dass die römisch-katholische Kirche und der Lutherische Weltbund noch vor Beginn des neuen Jahrtausends Schritte zur Heilung der schmerzenden ökumenischen Wunde unternahmen – sozusagen als ein angemessenes Geburtstagsgeschenk für Christus, nach dem wir die Zeit zählen und der unsere Versöhnung will.
Ein Jahr später nun ist einerseits ein weiterer Fortschritt in der ökumenischen Ent-wicklung in Deutschland zu begrüßen mit dem Vorliegen des Gesprächsergebnisses der Bilateralen Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz und der Kirchenleitung der VELKD zum Thema „Communio Sanctorum – Die Kirche als Gemeinschaft der Heiligen“. Mit der Methode des „differenzierten Konsenses“ wurden u.a. so schwierige Themen wie „Der Petrusdienst“ und „Die Kirche als Zeichen und Werk-zeug des Heils“ behandelt und dabei festgestellt, wie groß die erreichte Übereinstimmung im grundlegenden und wesentlichen Gehalt einer bislang umstrittenen Lehre ist, bzw. erläutert, dass und warum die verbleibenden Lehrunterschiede als zulässig gelten können und die Übereinstimmung im Grundlegenden und Wesentlichen nicht in Frage stellen.
Andererseits hat die Erklärung „Dominus Jesus“ der römischen Kongregation für die Glaubenslehre das ökumenische Gespräch nachhaltig belastet. Nach begrüßenswerten Darlegungen über die Einzigartigkeit und Universalität des Heils in Christus wird dieses auf die Kirche bezogen und erklärt: „Es gibt eine einzige Kirche Christi, die in der katholischen Kirche subsistiert und vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird.“ Dann werden Kirchen erwähnt, „die zwar nicht in vollkommener Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, aber durch engste Bande, wie die apostolische Sukzession und die gültige Eucharistie, mit ihr ver-bunden bleiben“. Die volle Gemeinschaft mit der katholischen Kirche fehlt diesen Teilkirchen, „insofern sie die katholische Lehre vom Primat nicht annehmen, den der Bischof von Rom nach Gottes Willen objektiv innehat und über die ganze Kirche ausübt“. Hiernach folgen „die kirchlichen Gemeinschaften, die den gültigen Episkopat und die ursprüngliche und vollständige Wirklichkeit des eucharistischen Mysteriums nicht bewahrt haben“. Von ihnen wird gesagt: Sie „sind nicht Kirchen im eigentlichen Sinn“.
Mit dieser wenig freundlichen Erklärung fällt ein bezeichnendes Licht auf eine Anmerkung in der GER. Dort heißt es in der Anmerkung 9: „In dieser Erklärung gibt das Wort ‚Kirche’ das jeweilige Selbstverständnis der beteiligten Kirchen wieder, ohne alle damit verbundenen ekklesiologischen Fragen entscheiden zu wollen.“ Schon in den Beratungen über die GER wurde auf die Gefahren dieses Satzes aufmerksam gemacht. Der Versuch, im Anhang zur „Gemeinsamen Offiziellen Feststellung des Lutherischen Weltbundes und der Katholischen Kirche“ zu einer vorläufigen Verständigung zu kommen durch die Formulierung „die Katholische Kirche und der Lutheri-sche Weltbund haben den Dialog als gleichberechtigte Partner (‚par cum pari’) begonnen und geführt“, muss als gescheitert angesehen werden. Denn die Glaubenskongregation formuliert in „Dominus Jesus“ (freilich mit Blick auf den interreligiösen Dialog): „Die Parität, die Voraussetzung für den Dialog ist, bezieht sich auf die gleiche personale Würde der Partner, nicht auf die Lehrinhalte“.
Daraufhin hat die Nordelbische Synode auf ihrer Herbsttagung am 23. September 2000 in Lübeck erklärt:
"Im Blick auf das besondere Verhältnis zur römisch-katholischen Kirche erinnert die Synode an ihren Beschluss über die 'Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre' und zugleich an die 'Gemeinsame Offizielle Feststellung' von Römisch-Katholischer Kirche und Lutherischem Weltbund vom 31.10.1999. Deshalb hat sie mit Bestürzung die Ausführungen zum Verhältnis zwischen der Römisch-Katholischen Kirche und den Kirchen der Reformation in der Erklärung 'Dominus Jesus' der Kongregation für die Glaubenslehre der Römisch-Katholischen Kirche zur Kenntnis genommen.
Wir stellen fest:
a) Die Aussage, die Kirchen der Reformation seien nicht 'Kirchen im eigentlichen Sinne' versucht, das Ergebnis der Gespräche über das Kirchen- und Amtsverständnis vorwegzunehmen, zu dem sich beide Seiten in der 'Gemeinsamen Offi-ziellen Feststellung' verpflichtet haben.
b) Unser Selbstverständnis von Kirche hängt nicht ab von der Anerkennung durch den Vatikan. Maßgeblich bleibt für uns Art. 7 der Augsburgischen Konfession: 'Es wird auch gelehrt, dass allezeit eine heilige, christliche Kirche sein und bleiben muss, die die Versammlung aller Gläubigen ist, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden.' Die Fülle des Evangeliums weist uns auf die Geschwister im Glauben und verwirklicht sich in der Ökumene als Gemeinschaft von Kirchen in Vielfalt.
c) Wir bedauern insbesondere, dass in der Erklärung 'Dominus Jesus' die Frage des Verhältnisses der katholischen Kirche zu den nichtchristlichen Religionen ohne sichtlichen Grund mit der Frage des Verhältnisses zu den nichtkatholischen Kirchen vermischt wurde.
d) Wir lassen uns in unserem Glauben an die eine Kirche Jesu Christi nicht erschüt-tern und werden unseren Dialog und unsere Zusammenarbeit mit den katholischen Schwestern und Brüdern beharrlich fortsetzen und wir ermutigen unsere Gemeinden ausdrücklich dazu, das auch zu tun."
Ich meine, wir können uns dieser Erklärung nur anschließen. Der Kirchenkreis Herzogtum Lauenburg wird jedenfalls im Geist dieser Erklärung Gastgeber für das ökumenische Pfingstfest 2002 sein.
Gern habe ich übrigens gelesen, was Prof. Dr. Fulbert Steffensky am 12.09.2000 zu diesem Thema im Hamburger Abendblatt geschrieben hat:
"Rom bürdet sich eine fürchterliche Last auf in der Behauptung, die wahre Kirche zu sein. Wer an Gott glaubt, braucht nicht selber Gott zu spielen. Er muss nicht alles sein, er kann begrenzt und fehlbar sein. Das gilt auch für die Kirchen. Keine der Ein-zelkirchen muss die Last tragen, die einzige zu sein. Aber darum ist auch keine der Kirchen genug. In keiner der Kirchen ist man ganz zu Hause. Alle sind als Einzelkirchen zu eng, zu bescheiden und zu wenig, jedenfalls wenn man große Wünsche an die Kirche hat. Am engsten und unerträglichsten sind die Kirchen dort, wo sie glauben, das einzige 'Haus voll Glorie' zu sein und der anderen nicht zu bedürfen. Den Menschen ehrt seine Bedürftigkeit und Angewiesenheit. Es ist eine Erleichterung und eine große Lebensschönheit, bedürftig zu sein. Die Tatsache, dass meine Einzelkirche nicht alles ist, und dass ich in meiner Kirche darum nicht ganz zu Hause bin, verweist auf die anderen Kirchen. Der Mangel im Eigenen macht bedürftig, und so macht er geschwisterlich. Nur bedürftige Menschen sind geschwisterliche Menschen, und den Autarken ist nicht zu trauen. Das gilt für Menschen, und das gilt für Systeme. Die Vorläufigkeit und die Begrenztheit der eigenen Kirche macht einen zum Spieler. Man braucht nicht nur der stumpfe, sich selbst genügende Katholik, Orthodoxe, Lutheraner oder Reformierte zu sein.
Es gibt eine Lust zwischen den Zeilen zu leben, zwischen den Häusern und zwischen den Welten. Es ist die Lust, in mehr Häusern beheimatet zu sein als nur in einem. Es ist die Unbescheidenheit, mehr Welten zu wollen als nur die eigene bescheidene Lebenswelt. Heimat verdummt, wenn man nur eine kennt. Wer mehr als ein Haus kennt, ist nicht mehr eingekerkert in ihm. Wer mehr als eine Kirche kennen gelernt hat, lernt seine eigene zu lieben, und sie zugleich als begrenzt zu empfinden.
Er lernt Humor und die wundervolle und lebensrettende Gabe der Skepsis seiner eigenen Heimat gegenüber. Die Wahrheit kann nicht eingefangen werden in einer Kirche, nicht einmal in allen zusammen. Religiöse Gruppen werden erst dann erträglich und für andere ungefährlich, wenn sie dies wissen, und wenn sie ihre eigene Endlichkeit schätzen und annehmen."

Was die Kirche zur Kirche macht
Schon die Nordelbische Synode hat in ihrer Erklärung vom 23.09.2000 deutlich gemacht, dass unser Selbstverständnis als Kirche nicht von der Anerkennung durch den Vatikan abhängt. Maßgeblich bleibt für uns Art. 7 der Augsburgischen Konfession mit seiner Konzentration auf Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung. Aber das ist noch nicht alles, was wir über die Kirche zu sagen haben. Es war der kürzlich verstorbene Bischof und ehemalige Lauenburgische Landessuperintendent Prof. Dr. Joachim Heubach, an den wir an dieser Stelle voller Respekt und Dankbarkeit denken, der in einer Festschrift für den finnischen Theologen Erkki Kansanaho auf den spirituellen Aspekt der Ekklesiologie Luthers hingewiesen hat: „Wenn die Confessio Augustana als notae ecclesiae ‚Wort und Sakrament’ aufführt, so werden beide Kennzeichen der Kirche von Luther immer wieder durch sieben Heiligungsmittel eminent geistlich bestimmt und vertieft: Dabei wird einem allerdings auch deutlich, wie oft und bisweilen weit wir in unserem Denken und Handeln uns von solcher Sicht des Wesens der Kirche entfernen, bzw. entfernt haben.“
In seiner Schrift "Von den Konziliis und Kirchen" (1539; WA 50,509-653) hat Luther ausführlich über das wahre Wesen der Kirche gehandelt. Er nennt in dieser Schrift sieben (bzw. acht) Kennzeichen der Kirche, die er auch als die sieben Hauptstücke oder Heiligungsmittel bezeichnet. Er sagt: Die Kirche erkennt man daran,
(1) dass sie das Wort Gottes hat,
(2) am rechten Gebrauch der Taufe,
(3) am rechten Gebrauch des Abendmahls,
(4) an der praktizierten Beichte und Absolution,
(5) an ihren Ämtern,
(6) am öffentlichen Gebet und Gottesdienst,
(7) an der Anfechtung, die die Kirche leidet ("das Heiligungsmittel des heiligen Kreu-zes").
Luther bezieht also die signa ecclesiae auf sieben Heiligungsmittel. Er nennt sie die Hauptstücke der „Heiligung“. Daher führt er in der genannten Schrift als letztes Kennzeichen der Kirche noch einen gesonderten Punkt an: Die Kirche erkennt man
(8) an der Heiligung ihrer Glieder.
"Über diese sieben Hauptstücke hinaus gibt es nun auch mehr äußerliche Zeichen, an denen man die heilige christliche Kirche erkennt, nämlich, dass uns der Heilige Geist auch nach der zweiten Tafel Mose heiligt: wenn er uns hilft, dass wir Vater und Mutter von Herzen ehren, und sie umgekehrt (ihre) Kinder christlich erziehen und ehrlich leben. Wenn wir unsern Fürsten und Herrn treu, gehorsam dienen und unter-tan sind und sie umgekehrt ihre Untertanen lieb haben, sie schützen und beschirmen. Ferner: wenn wir niemand gram sind, keinen Zorn, Hass, Neid noch Rachgier gegen unseren Nächsten hegen, sondern gern vergeben, gern leihen, helfen und raten. Wenn wir nicht unzüchtig und Säufer, stolz, hoffärtig, prächtig, sondern keusch, züchtig, nüchtern, freundlich, gelinde, sanft- und demütig sind; nicht stehlen, rauben, wuchern, geizen, überteuern, sondern milde, gütig, genügsam, mitteilsam; nicht falsch, verlogen, meineidig, sondern wahrhaftig, beständig sind und was mehr an solchen Geboten gelehrt wird, wie das alles Paulus hin und her (vgl. Röm. 13,1ff.; Gal. 5,19ff.) reichlich lehrt. Denn deshalb müssen wir auch die Zehn Gebote haben, nicht allein, damit sie uns als Gesetz sagen, was wir zu tun schuldig sind, sondern auch, dass wir daran sehen, wie weit uns der Heilige Geist mit seiner Heiligung gebracht hat und inwiefern es noch fehlt, auf dass wir nicht sicher werden und denken, wir hätten jetzt alles getan, und so immerfort in der Heiligung wachsen und stets immer mehr eine neue Kreatur in Christus werden. Es heißt: 'Wachset aber in der Gna-de und Erkenntnis' (2.Petrus 3,18), und 'Nehmet immer mehr zu' (1. Thess. 4,1.10).
Ein solches Zeichen kann aber nicht als so zuverlässig angesehen werden, wie die oben (angeführten), weil auch etliche Heiden sich in solchen Werken geübt haben und wohl zuweilen heiliger erscheinen als die Christen: aber das geht doch nicht so rein und einfältig aus dem Herzen um Gottes willen hervor, sondern sie suchen et-was anderes dabei, weil sie keinen rechten Glauben noch Erkenntnis Gottes haben. Hier aber ist der Heilige Geist da, der das Herz heiligt und solche Frucht aus 'gutem feinen Herzen' (hervor)bringt, wie Christus im Gleichnis vom Sämann (Luk. 8,15) sagt. Und obwohl die erste Tafel höher steht und hier das größere Heiligungsmittel sein muss, habe ich in der zweiten Tafel alles zusammenfassen wollen; sonst hätte ich's entsprechend den sieben Geboten (der zweiten Tafel) auch wohl in sieben Heiligungsmittel oder Hauptstücke aufteilen können.
Da haben wir nun zuverlässig: was, wo und wer sie sei, die heilige christliche Kirche, das heißt: das heilige christliche Volk Gottes. Und das kann uns nicht fehlgehen, dessen sind wir ganz sicher. Alles andere außerhalb dieser Stücke kann fehlgehen und geht gewiss fehl." (WA 50,643-649)
Machen wir uns also daran, im Geist ökumenischer Verbundenheit und im Blick auf die Heilige Schrift daran zu buchstabieren, was, wo und wie wir miteinander Kirche sind. Als Gesprächsergebnis des deutschen Dialogs über die Kirche als Gemeinschaft der Heiligen hat die Bilaterale Arbeitsgruppe festgehalten:
„Gemeinsam können wir folgendes aussagen:
1. Die Kirche ist Geschöpf des Wortes (creatura verbi) und zugleich Dienerin des Wortes (ministra verbi), das ihr übertragen ist.
2. Die Kirche ist durch ihre ganze Existenz Zeichen des Heilswillens Gottes, der will, ‚dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen’ (1 Tim 2,4).
3. Die Kirche ist als Vermittlerin von Wort und Sakrament Werkzeug der Gnade.
4. Die Kirche ist durch den Empfang und die Vermittlung von Wort und Sakrament auch selbst in ihrem Wesen geprägt.
5. Die Kirche bleibt stets dem Herrn untergeordnet, und das Heil bleibt auch im Wirken der Kirche Gottes Gabe. In diesem Sinne ist das Verhältnis von Christus und Kirche als Miteinander von Einheit und Unterschiedenheit zu bestimmen.
Wo dies gemeinsam gelehrt wird, ist eine sachliche Übereinstimmung gegeben, auch wenn die analoge Verwendung des Begriffes ‚Sakrament’ auf die Kirche unterschiedlich beurteilt wird.“ (CS 89)
Ich bin gespannt, wie die ökumenischen Gespräche über das Kirchen- und Amtsverständnis auf nationaler und internationaler Ebene weitergehen werden. Die Irritation durch die Erklärung „Dominus Jesus“ in diesem Punkt wird uns von weiteren Gesprächen und einer geduldigen ökumenischen Gesinnung nicht abhalten.
 

Vom nötigen Respekt gegenüber der neugewählten Bischöfin
Als neugewählter stellvertretender Bischof für den Sprengel Holstein-Lübeck (mit Wirkung vom 01.03.2001 für zunächst ein halbes Jahr) mache ich mir Gedanken darüber, dass unsere neugewählte Bischöfin, Frau Bärbel Wartenberg-Potter, sich bereits kurz vor ihrer Wahl mit dem Vorwurf der falschen Lehre auseinandersetzen musste. Sie hat dazu in idea-Spektrum 38/2000 folgende Erklärung abgegeben:
1. "Idea behauptet fälschlich, ich verehre eine ägyptische Totengöttin und schreibt: '... immer wieder beruft sie sich auf das 'Land der großen Mutter' und der 'unverfälschten Mondin'. Sie möchte vom 'strengen Vatergott' zur allliebenden Mutter-Göttin.' Wahr ist, dass es sich bei den Zitaten aus meinem Buch 'Wir werden die Harfen nicht an die Weiden hängen' um eine Darstellung jenes Teiles der Frauenbewegung handelt, die der Kirche den Rücken gekehrt hat und eine neue Spiritualität sucht. Mein Anliegen in dem Buch ist es gerade, Frauen einen Platz in der Kirche zu erhalten und sie zu ermutigen, den Frauen zu folgen, 'die an jenem (Oster-)Morgen von der ewigen Unzerstörbarkeit des Lebens Jesu und jeden Lebens überzeugt wurden - Auferstehung aus Kreuz und Grab - und begannen, Ostern zu verkünden, den Glauben ans Leben und die Abschaffung von allen Kreuzen ...' (S. 70). Idea lässt dieses klärende Zitat weg.
2. Idea stellt fälschlich einen Textbezug her zwischen der Darstellung der Göttinnenbewegung (im 4. Kapitel) und einer Bildbetrachtung (im 8. Kapitel) über Selket, die von mir als 'Frauenstatue, die man in einem Pharaonengrab gefunden hat' (S. 127) und nicht als Göttin eingeführt wird und über die ich ein Gedicht schrieb. Idea zitiert: 'Sie hat mir viel Kraft geschenkt, diese klar Entschiedene, für die täglichen Kämpfe und für die Würde der Frauen.' Idea verschweigt den nächsten Satz: 'Sie weigerte sich aber, in Konkurrenz zu treten zu den anderen Sinn-Bildern in meinem Haus und in meinem Inneren. Sie hatte das nicht nötig, noch hätte ich es zugelassen' (S. 128). Die Leser/innen haben nämlich im 1. Kapitel des Buches das Bild von Oskar Kokoschka kennen gelernt: der gekreuzigte Christus neigt sich zu den verhungernden Kindern Europas (S. 17), das in meinem Leben und dem Buch eine zentrale Rolle spielt. Zu keinem Zeitpunkt war ich eine Anhängerin der Göttinnenbewegung, bekräftige aber, dass die Bibel nicht nur in männlichen Bildern von Gott spricht."
Wir sollten diese Erklärung unserer künftigen Bischöfin ernst nehmen und uns schützend vor sie stellen. Es trifft auch uns, wenn schon im Vorfeld ihrer Einführung zur Bischöfin für den Sprengel Holstein-Lübeck ihr Ruf an einer empfindlichen Stelle verletzt und beschädigt wird. In Luthers Erklärung zum achten Gebot heißt es: "Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir unserm Nächsten nicht ... bösen Leumund machen, sondern sollen ihn entschuldigen, Gutes von ihm reden und alles zum Besten kehren."
Ich erinnere noch einmal an ihren Lebenslauf, wie er den nordelbischen Synodalen zur Wahl vorgelegen hat:
Bärbel Wartenberg-Potter wurde am 16. September 1943 in Pirmasens in der Pfalz geboren. Von 1963 bis 1968 studierte sie Germanistik und Theologie mit dem Ab-schluss Höheres Lehramt, 1980 wurde sie zur Pfarrerin der württembergischen Landeskirche ordiniert. Schwerpunkte ihrer beruflichen Aufgaben waren Fragen der Ökumene, des Konziliaren Prozesses und der Frauen. So arbeitete sie in den frühen siebziger Jahren im Bereich Mission und Ökumene. 1977 wurde sie Studienleiterin im Zentrum für Entwicklungsbezogene Bildungsarbeit (ZEB). Von 1980 bis 1985 war sie Direktorin der Abteilung "Frau in Kirche und Gesellschaft" beim Ökumenischen Rat der Kirchen in Genf. Danach wechselte Bärbel Wartenberg-Potter nach Jamaika und dozierte am "United Theological College of the West Indies", einer interkonfessionellen Einrichtung der karibischen Kirchen. 1991 übernahm sie dann ein Gemeindepfarramt in Stuttgart. Seit 1994 ist sie auch im Präsidium zur Vorbereitung des Deutschen Evangelischen Kirchentages und seit 1997 Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK). Bärbel Wartenberg-Potter hat mehrere Bücher veröffentlicht und herausgegeben. Sie ist mit Dr. Philipp Potter verheiratet, dem ehemaligen Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK).
Bärbel Wartenberg-Potter hat die Synodalen der Nordelbischen Kirche durch eine beherzte und humorvolle Rede mit großer geistlicher Ausstrahlung gewinnen können. „Die Herzen flogen ihr zu“, titelte die Nordelbische Kirchenzeitung.
Über die Kirche schreibt sie in ihrem Buch "Wir werden unsere Harfen nicht an die Weiden hängen", das ich im Urlaub noch einmal gelesen habe und das ich Ihnen allen zur Lektüre empfehlen möchte:
"... diese Kirche, diese Gemeinschaft von Menschen, trägt in ihrem Schoß die unwiderstehliche Kraft der unbewaffneten Wahrheit Jesu von der Einwanderung Gottes in die Welt, von einem Gott, der aufgehört hat, auf himmlischen Thronen zu sitzen und von ferne dem hilflosen Gerenne seiner Geschöpfe zuzuschauen, sondern der sich einmischte, damit wir wüssten, wie wir wirklich menschliche Menschen sein könnten durch unsere Verbindung zu dem Gott der Liebe, der nichts anderes als unser zeitliches und ewiges Glück will.
Diese Kirche ist es aber auch, die mich großzog mit vielen strengen Sätzen, mit vielen Kopfwahrheiten und Moralismen, die meine Leibesexistenz als Frau schädigten.
Diese Kirche ist es, die mich oft quält, irritiert und erröten lässt wegen ihrer legalistischen Strenge, ihrer Veruntreuung der Welt an ein Jenseits, wegen ihrer hoffnungslosen Ausgewogenheit in Fragen von Gerechtigkeit und Frieden.
Diese Kirche ist es, die tatenlos dem Auszug der rebellierenden Frauen aus ihren Reihen zusieht, ohne den tieferen Sinn und die Suche nach der absolut notwendigen Erneuerung unserer männlichen Kopfreligion einzusehen.
Meine Liebe zur Kirche ist wie jede Liebe gefährdet und kennt Zweifel, widerstrebende Gedanken und Gefühle, aber sie besteht. Nicht immer sicher bin ich mir auch über die Gegenseitigkeit dieser Liebe: ob die Kirche auch mich liebt, mich trägt und mich haben will. So ist diese Liebe immer das Ergebnis von Arbeit und Gnade. Aber das innerste Feuer, das sie ernährt, konnte niemals ausgetreten werden, weder von rationalistischer Vernunftkritik noch von der bürokratischen Gestalt der Kirche, noch von der Scham über uns Christen." (a.a.O., S. 30f.)
Wir sollten Respekt haben vor der Lebensleistung und dem Lebensweg dieser Frau. Wir sollten unserer künftigen Bischöfin deutlich machen, dass wir sie haben wollen, tragen und auch lieben, sie jedenfalls unterstützen werden.

Die Leitbildentwicklung in der Kirchengemeinde Schwarzenbek als Vorbild für den Kirchenkreis Herzogtum Lauenburg
In meinem Kurzbericht zur Juni-Synode bin ich bereits auf die Gemeindeanalyse in der Kirchengemeinde Schwarzenbek eingegangen. Das Gemeindeentwicklungsprojekt hat inzwischen seine zweite Stufe „Entwicklung eines Leitbildes der Gemeindearbeit für die kommenden Jahre“ abgeschlossen. Die Bedeutung eines Leitbildes für das weitere Handeln hat sich aus dem Analyseergebnis selbst als notwendig herauskristallisiert und könnte für weitere Leitbildentwicklungen im Kirchenkreis, die ich hiermit anstoßen und anregen möchte, bedeutsam werden. Als Leitbild der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Schwarzenbek wurde folgender Text vom Kirchenvorstand am 9. Mai 2000 verabschiedet:

Leitbild:
In den nächsten fünf Jahren (2000-2004) wollen wir als Kirchengemeinde schwerpunktmäßig integrativ und verbindend arbeiten, d.h. verschiedene, manchmal sogar ganz aus dem Blick geratene Gruppen und Einzelpersonen miteinander im kirchengemeindlichen, aber auch im städtischen und dörflichen Leben in Kontakt bringen. Flexibilität und Offenheit unserer Arbeit bilden dazu unabdingbare Grundlage, um christliche Glaubensinhalte situations- und zeitangemessen vermitteln und leben zu können.
Ausgangslage:
Schwarzenbek verändert und vergrößert sich seit Jahren stark. Aus einem Dorf ist eine Stadt mit teilweise noch dörflicher Struktur geworden. Schon um 1970 herum ist ein großer Stadtteil neu entstanden (Nordost), der bis heute nicht ganz in das städtische Ganze integriert ist. In den letzten Jahren ist wiederum ein neuer, großer Stadtteil mit vielen großstädtisch geprägten NeubürgerInnen hinzugekommen (Mühlen-kamp), der sich zudem in der Bevölkerungsstruktur (vorwiegend jüngere Familien) von dem anderer Stadtteile (mit älteren Einwohnerinnen und Einwohnern) unter-scheidet, so dass sich derzeit drei deutlich unterschiedliche und relativ unverbundene Stadtviertel feststellen lassen (Alter Kern, Nordost, Mühlenkamp). Dies weist innerstädtisch auf Integrationsbedarf, der sich im Stadtplan aufzeigen lässt: Bahn-schienen und Möllner Straße zerteilen die Stadt in die genannten Teile, während "die Brücke" Verbindungen symbolisiert und auch schafft. Zudem stellt sich die Aufgabe, Randgruppen (z.B. Arbeitslose, ausländische MitbürgerInnen, Aussiedler, sonstige sozial schwache Gruppen) in das städtische Leben zu integrieren.
Auch unsere Kirchengemeinde hat sich in den letzten Jahren stark verändert; deutliche Traditionsabbrüche lassen sich erkennen. Aus einer traditionalistischen Gemein-de (in einem ebenso konservativ geprägten Kirchenkreis) ist eine offene, zeitnahe Gemeinde geworden, die bei aller Wandlungsfähigkeit an zentralen Inhalten des Glaubens festhält. Die Veränderungen in der Stadt spiegeln sich zudem im sukzessiven Entstehen kirchlicher Zentren (ursprünglich St. Franziskus, 1972 dann St. Elisabeth, 1998 Haus der Kirche) wieder.
Die Gemeindeanalyse hat gezeigt, dass vielen Menschen eine wandlungsfähige, mit der Zeit und den Menschen gehende Kirche sympathisch ist. Das Verharren in alten Traditionen wird oft sehr skeptisch gesehen. Umgekehrt befürchten andere Gruppierungen, durch zu große Offenheit ginge die Substanz des Glaubens verloren und durch zu viele Veränderungen würden manche Gemeindekreise an den Rand gedrängt.
Hieraus ergibt sich als Aufgabe, als Gemeinde auf der Basis christlichen Glaubens wandlungsfähig und in Bewegung zu bleiben. Vorhandene Traditionen sind jeweils darauf hin zu überprüfen, ob sie in der gegenwärtigen Situation den Aufgaben der Kirchengemeinde gerecht werden und die Verkündigung des Evangeliums in Wort und Tat eher fördern oder eher behindern.
Die Gemeindeanalyse hat zudem offensichtlich gemacht, dass integratives Arbeiten aus vielen konkreten Gesichtspunkten derzeit Vorrang haben sollte:
- Viele Aussiedler erscheinen in der Jugendarbeit und in den Gottesdiensten (auch bei Amtshandlungen), werden aber sonst kaum vom Gemeindeleben wahrgenommen.
- Alt-Schwarzenbeker und Neubürger finden auch im kirchlichen Leben noch zu wenig zueinander.
- Randgruppen kommen kaum im Leben der Gemeinde vor.
- Das gemeindliche Leben zwischen Schwarzenbek, Grabau und Grove ist fast unverbunden.
- Zwischen Jung und Alt existieren kaum Brücken (Generationenproblem).
- Anfragen nach der Gemeinschaft untereinander werden von einzelnen oder Gruppen gestellt.
Weiterführung:
Theologisch lässt sich das integrative Ziel trinitarisch (am dreieinigen Gott) veran-kern:
- Gott als Schöpfer hat alle Menschen geschaffen und über sie gesagt: "Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei" (1. Mose 2,18).
- Jesus Christus hat sein Handeln allen Menschen (über Volks- und Religionsgrenzen hinweg) zugewandt; er bildet den einen Leib der Kirche aus ihren vielen verschiedenen Gliedern (1. Kor. 11) und ist der Herr der ganzen Welt (Bild des Pan-okrators).
- Der Heilige Geist verbindet alle Menschen im Glauben und überwindet Spaltungen (das Pfingstwunder in Apg. 2 als Gegenbild zur Sprachverwirrung in 1. Mose 11,1-9).
Offenheit und Wandlungsfähigkeit bilden dabei keinen Selbstzweck und keinen In-halt, sind aber aus funktionalen Gründen unbedingt notwendig, um gegenwärtige Lebensbedingungen und die Botschaft des christlichen Glaubens wechselseitig aufeinander zu beziehen.
Chancen:
Die Chance unserer Kirchengemeinde liegt in der beschriebenen Situation:
- theologisch: in der integrativen Kraft der Botschaft des Evangeliums;
- geographisch für Schwarzenbek: in der lokalen Präsenz der jeweiligen kirchlichen Zentren in allen drei Stadtvierteln;
- soziologisch: in 57% Kirchenmitgliedschaft quer durch die Stadt;
- personell: in der Zuständigkeit vieler Mitarbeitenden über das ganze Stadtgebiet und die Dörfer;
- historisch: in der starken Wandlungsfähigkeit der Gemeinde in den letzten Jahren.
Konkretionen:
Mögliche Arbeitsziele dieses Gemeindeleitbildes sind:
- Innergemeindlich: Überprüfung, ob kirchengemeindliche Angebote separieren oder integrieren.
- Innergemeindlich: Blick auf das Zusammenwirken der verschiedenen Gemeindeeinrichtungen.
- Innergemeindlich: Gesamtkonzept für St. Franziskus, St. Elisabeth und das Haus der Kirche, gegebenenfalls auch in der Werbung/Öffentlichkeitsarbeit (Logo!) dargestellt.
- Innergemeindlich: Frage nach dem Zusammenhalt von Altem und Neuem, verschiedene Gruppen, Aktivitäten.
- Innergemeindlich: Angebote im Blick auf Neubürger (Aufnahme derselben in die Kirchengemeinde).
- Nach außen: integrierende Kraft für die verschiedenen Stadtteile, insbesondere Alter Kern, Nordost, Mühlenkamp.
- Nach außen: integrierende Kraft für die sonst oft vergessenen Randgruppen.
Für die genannten Konkretionen ist unabdingbar, neue Wege zu beschreiten. Das Evangelium Christi erreicht Menschen nicht, wenn die Form seiner Weitergabe an den Menschen der Gegenwart vorbeigeht. Konkret heißt das beispielsweise, dass junge Familien im Stadtgebiet Mühlenkamp zu Recht andere Formen kirchengemeindlichen Handelns erwarten als ältere Schwarzenbeker der sogenannten "Kerngemeinde".

Von der Heiligung des Sonntags
Im September fand wieder eine Klausurtagung des Konvents der Pastorinnen und Pastoren unseres Kirchenkreises im Christophorushaus in Bäk bei Ratzeburg statt. Bei dieser Gelegenheit hörten wir ein interessantes Referat von Prof. Dr. Horst W. Opaschowski vom B.A.T. Freizeit-Forschungsinstitut in Hamburg, der seinen Wohnsitz bei uns im Kirchenkreis, in der KG Börnsen, hat. Ich möchte Ihnen aus diesem Referat den Abschnitt über die Heiligung des Sonntags vortragen in der Erwartung, dass die Ergebnisse der Untersuchung Sie überraschen und zur weiteren Diskussion anregen werden:
"Der Sonntag ist den Deutschen lieb und heilig. Eine klare Absage erteilt die Bevölkerung allen Versuchen, den Sonntag zu einem Werktag wie jeden anderen zu machen. Einkaufen rund um die Uhr? Behördengänge erledigen? Oder gar arbeiten gehen? Die überwiegende Mehrheit der bundesdeutschen Bevölkerung (56%) will davon nichts wissen. Die Sonntagsruhe soll unter allen Umständen beibehalten wer-den. Denn der Sonntag - in Artikel 140 des Grundgesetzes als Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung bezeichnet - wird von den meisten Bundesbürgern auch tatsächlich so gelebt. Drei Viertel der Bundesbürger halten sich sonntags regelmäßig in ihrer Wohnung oder in Wohnungsnähe auf. Lediglich 26 Prozent der Bevölkerung unternehmen etwa alle ein bis zwei Wochen einen Sonntagsausflug mit dem Auto, der Bahn oder dem Fahrrad. Alle übrigen genießen mehr die Sonntagsruhe zwischen Ausschlafen (52%), Fernsehen (87%), Radio hören (55%) und Telefonieren (56%). Die sonntäglichen Staus auf den Straßen vermitteln ein falsches Bild: Aus Gewohnheit und Gedankenlosigkeit steuern viele Autofahrer zur gleichen Zeit das gleiche Ziel an. Gegen 11.00 Uhr und gegen 18.00 Uhr sind daher Staus angesagt. So geraten Autofahrer in die selbstgeschaffene Zeitfalle. In Wirklichkeit ist nur etwa jeder sechste Bundesbürger (16%) sonntags mit dem Auto unterwegs.
Im Zeitvergleich ist feststellbar, daß der Sonntag in Deutschland seine persönliche Bedeutung als der ruhigste Tag der Woche, der erholsamste und der schönste Tag beibehalten hat - allerdings mit abnehmender Tendenz. Der Konsum-Dreiklang von Shopping/Kino/Essengehen findet vielfach schon während der Woche oder vor dem Wochenende statt. Der schönste Tag der Woche muß nicht immer der Sonntag sein. Im Zeitvergleich der letzten zehn Jahre ist erkennbar, daß der Sonntag an Erholungswert verliert.
Der Sonntag büßt zunehmend auch seinen Gemeinschaftscharakter ein: Nur mehr für etwa jeden achten Bundesbürger ist der Sonntag der geselligste Tag der Woche. Wer Ruhe und 'seelische Erhebung' sucht, geht offensichtlich der Geselligkeit oder gar dem Kontaktstress aus dem Wege. Der deutsche Sonntag bleibt also im subjektiven Erleben der Bürger ein unverzichtbarer Ruhetag, ein schöner Tag - und nur eben manchmal ganz schön langweilig, nicht etwa für die Rentner (8%), sondern für die Jugendlichen: Für jeden fünften Jugendlichen im Alter von 14 bis 24 Jahren (21%) ist der Sonntag 'der langweiligste Tag der Woche'. So hat der Sonntag zwei Gesichter: Was die deutsche Sonntagsseele 'gemütlich' nennt, also Ruhe, Harmonie und Geborgenheit, schließt im Einzelfall auch leere Stunden mit ein, die Jugendliche als Langeweile und alte Menschen als Einsamkeit empfinden können.
Der Sonntag ist auch ein religiöser Feiertag, ein 'Tag des Herrn' und für Christen ein 'Kulturgut' ersten Ranges, das nicht einfach Wirtschafts- und Konsuminteressen geopfert werden darf. Der Sonntag hat seine besondere Bedeutung als letzter gemein-samer Ruhepunkt unserer Gesellschaft bzw. Rastplatz der Familie. Die Individualisierung der Gesellschaft hat allerdings inzwischen auch den Sonntag erreicht. Gelebt wird nach der Devise: 'Der Sonntag gehört mir.'
Wird die Sonntagsheiligung zunehmend durch die Erlebniskultur ersetzt? Die Sonntagsrituale der Deutschen sprechen eine andere Sprache: Fast jeder fünfte Bundesbürger (19%) ist ein regelmäßiger Kirchgänger und besucht 'mindestens zweimal im Monat' einen Gottesdienst. Auf einen Freizeitparkbesucher (7%) kommen mehr als zwei Kirchgänger. Selbst Besuche von Sportveranstaltungen (12%) oder Volksfesten (13%) finden deutlich weniger Resonanz, von Diskotheken (9%) oder Spielhallen (2%) ganz zu schweigen.
Der Sonntag und insbesondere das Sonntags-Shopping sind in den letzten Monaten ins Gerede gekommen und haben ihre Spuren hinterlassen. Die Frage: 'Was würden Sie sonntags am liebsten machen, wenn Sie die Möglichkeit dazu hätten?' beantworten 22 Prozent der Bevölkerung mit 'Einkaufen gehen', wofür sich am meisten die 14- bis 24-jährigen Jugendlichen begeistern, weil für sie Shopping ein Freizeiterlebnis ist. Hingegen wollen 81 Prozent der Bevölkerung ab 25 Jahren von Sonntagseinkauf nichts wissen. Die Diskussion um den Sonntagseinkauf kommt mindestens eine Generation zu früh.
Weil die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung am gesetzlichen Schutz der Sonntagsruhe festhalten will, halten sich die offenen Wünsche in bescheidenen Grenzen: Etwa jeder zwölfte Bundesbürger ab 14 Jahren (8%) würde gerne einen Gottesdienst am Sonntagabend besuchen. Das könnten hochgerechnet über fünf Millionen zu-sätzliche Gottesdienstbesucher sein, wenn die Kirchen ebenso flexibel wie dienstleistungsorientiert auf solche Wünsche reagieren würden. Statt Sonntagabendkrise zu Hause könnten die Kirchen dem Wochenausklang eine neue Chance geben: Von Familie und Freunden in Ruhe gelassen könnte die Seele durchatmen und zur Ruhe kommen. Dann würde auch der Wochenanfang seinen Schrecken verlieren und der Sonntagabend einen neuen Sinn bekommen: 'Ich freue mich auf den Montag'."

Nach diesem Ausflug zu einem uns immer wieder beschäftigenden Thema nun zu den Entwicklungen unseres Kirchenkreises seit unserer letzten Synodaltagung im Juni dieses Jahres:

Kirchenkreisangelegenheiten
· Das Sonderbauprogramm III mit einem gesicherten Finanzvolumen von 3.050.000,- DM konnte aufgelegt werden.
· Nach grundlegender Änderung des nordelbischen Kollektenplans hat der KKV 14 Kirchenkreiskollekten festgelegt: 13 Kollekten wie bisher (Äußere Mission 4x, Martin-Luther-Bund 3x, Patengemeinschaft Sahms 2x, Diakonieverein Sandora/ Litauen 2x, Kindertagesstätte Bogotá 1x, Lauenburg-Ratzeburgische Bibelgesellschaft 1x) und eine neue Kollekte für die Nordelbischen Bibelgesellschaften.
· Hinsichtlich der Wegstreckenentschädigung wird gemäß Bundesreisekostenrecht verfahren. Die danach mögliche Anerkennung von Privatfahrzeugen für dienstliche Zwecke soll weiterhin restriktiv gehandhabt und auf begründete Ausnahmefälle beschränkt werden. Die Kirchengemeinden sind gebeten worden, entsprechend zu verfahren.
· Der Kirchenkreis hat mit der Schleswag einen Stromlieferungsvertrag abgeschlossen. Geschätzte Einsparung für die Kirchengemeinden: rd. 19.500 DM (ca. 19,12%).
· Der Wartungsvertrag mit der Fa. All For One (Pflegesoftware und Finanzbuchhaltung) wurde zum 31.12.2000 gekündigt. Statt dessen wird ab 01.01. 2001 für die Finanzbuchhaltung (kaufmännische Buchführung) des Kirchenkreisamtes das RNB-Programm "EBS" angeschafft.
· Ein Arbeitsschutzausschuss wurde gemäß den gesetzlichen Bestimmungen gebildet.

Angelegenheiten der Dienste und Werke
· Am 24.09.2000 fand in Mölln das diesjährige Lauenburgische Landesmissionsfest statt. Die öffentliche Resonanz war gut, der Besuch aus den Kirchengemeinden hätte besser sein können. Der AK Mission hat sich bereit erklärt, das Thema „Ökumene“ in seine Verantwortung mit zu übernehmen und bei der Vorbereitung des Ökumenischen Pfingstfestes 2002 der Nordelbischen Kirche mitzuwirken. Gastgeber im Jahr 2002 wird der Kirchenkreis Herzogtum Lauenburg sein.
· Herr Holst (stellvertretendes Mitglied des Kirchenkreisvorstandes und Vorsitzender des Diakonieausschusses) ist (zusammen mit Pastor Helms und Frau Goebel) zum vierten Mal nach Siebenbürgen/ Rumänien gereist. Es wurden Nahrungsmittel, Medizin, Kleidung und weitere Hilfsgüter überbracht.
· Die Trägerschaft für die Schuldnerberatungsstelle ist vom Verein Ev. Jugendhilfe auf das Diakonische Werk des Kirchenkreises übertragen worden. Der Kreis Herzogtum Lauenburg hat diesem Trägerwechsel zugestimmt. Der Verein soll zum 31.12.2000 aufgelöst werden.
· Die Stelle für eine Sachbearbeiterin im Diakonischen Werk des Kirchenkreises wurde ausgeschrieben. Zahlreiche Bewerbungen sind eingegangen. Die Stelle wurde an Frau Monica Schütte vergeben.
· Das Ansverushaus Aumühle wird die eigene Küche aufgeben und die Mahlzeiten beim Augustinum Aumühle ordern. Entsprechende Änderungskündigungen wurden ausgesprochen. Herrn Brunken ist eine Tätigkeit beim Kirchenkreis als Revisor angeboten worden. Ein gleitender Übergang wird mit der Ansverus Communität vereinbart. Der Kirchenkreis wird mittelfristig sein finanzielles Engagement auf die Zahlung der Miete reduzieren.
· Das Frauenwerk des Kirchenkreises hat ein Forschungsprojekt "40 Jahre Frauenwerk" in Auftrag gegeben und einen Förderkreis gegründet.
· Eine Veranstaltung für Ehrenamtliche fand am 13.10.2000 in Mölln statt.

Personalangelegenheiten
· Herr Fischer konnte sein 40jähriges Dienstjubiläum begehen und ist mit der Freiherr-vom Stein-Medaille ausgezeichnet worden.
· Propst Godzik feierte sein silbernes Ordinationsjubiläum, Frau Gätsch ihr 25jähriges Dienstjubiläum.
· Herr Ernst ist zur röm.-kath. Kirche übergetreten und damit als Lektor ausgeschieden.
· P. Zimmermann hat am 22.09.2000 in Geesthacht-Düneberg geheiratet. Die kirchliche Trauung vollzog Propst Godzik.

Pfarrstellenangelegenheiten
· Vorgestellt wurden Pn.z.A. Almuth Jürgensen in Büchen und P.z.A. Jan-Eric Soltmann in Brunstorf; vorgestellt wird demnächst Pn.z.A. Barbara Neubert in Schwarzenbek.
· Eingeführt wurden P. Wolfgang Matko in Lauenburg/E. und Dipl.-Theol. Astrid Thiele-Petersen in Ratzeburg (Jugendpfarramt).
· Die Pfarrstelle in Gudow wurde ausgeschrieben. Sieben Bewerbungen sind eingegangen. Ablauf der Bewerbungsfrist war der 13. November 2000.
· Pn. Silke Argens wird in Sandesneben ab 01.01.2001 wieder auf einer vollen Pfarrstelle beschäftigt. Die andere Pfarrstelle in Sandesneben hat einen ku-Vermerk bekommen.
· Der KV Mölln hat die Errichtung einer weiteren Pfarrstelle in Mölln beantragt, damit das Ehepaar Rasmussen sich die Stelle teilen kann.

Ausschüsse und Beauftragungen
· Der Strukturausschuss unter dem Vorsitz von P. Erich Zschau hat sein Mandat an den Kirchenkreisvorstand zurückgegeben. Der KKV hat diese Mandatsrückgabe akzeptiert und Propst Godzik gebeten, die Überlegungen zur Regionalisierung in Zusammenarbeit mit dem Konvent der Pastorinnen und Pastoren voranzutreiben.
· Herr Angenendt hat wegen einer zu geringen Beteiligung sein Amt als Leiter des synodalen Arbeitskreises "Die Rolle der Pastorin/des Pastors" zurückgegeben.
· Die Beauftragung für den "Arbeitskreis Christen und Juden" hat Pn.z.A. Almuth Jürgensen, Büchen, übernommen.
· P. Jürgen Hensel, St. Georgsberg, bereitet einen Internetauftritt des Kirchenkreises in Absprache mit der Öffentlichkeitsbeauftragten, Pn. Samone Fabricius, vor. Er soll zum Internet-Beauftragten des Kirchenkreises ernannt werden.

Angelegenheiten der Kirchengemeinden
· Die KG Kuddewörde wird den Gemeindeteil Köthel-Stormarn von der Kirchengemeinde Trittau übernehmen und mit Hilfe des Kirchenkreises für die Renovierung der Kapelle in Köthel sorgen.
· Die St. Georgsberger Pastoren haben in einer öffentlich beachteten Aktion alle Neubürger des Neubaugebiets Barkenkamp in Ratzeburg besucht.
· Der neue Kindergarten in Büchen wurde am 9. November eingeweiht.
· Die Kirche in Niendorf/St. konnte nach der Renovierung am 12. November wieder in Betrieb genommen werden.
· Das Gemeindehaus in Mölln (Bezirk Heiliggeist) steht kurz vor der Einweihung.
· Die bisher noch bestehenden Pfarramtskassen mussten aufgrund der neuen Spendengesetzgebung aufgelöst und in die Haushalte der Kirchengemeinden überführt werden.
· Kassenprüfungen in Gudow, Gülzow und Sahms ergaben keine Beanstandungen.
· Die KG Sahms wurde im Oktober 2000 visitiert. Der Visitationsbericht liegt vor und kann eingesehen werden.
 

Ratzeburg, im November 2000

        gez. Peter Godzik, Propst