Der gegenwärtige Stand der ökumenischen
Beziehungen
Vor einem Jahr habe ich an dieser Stelle
das Zustandekommen der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“
(GER) begrüßt. Mir war daran wichtig, dass die römisch-katholische
Kirche und der Lutherische Weltbund noch vor Beginn des neuen Jahrtausends
Schritte zur Heilung der schmerzenden ökumenischen Wunde unternahmen
– sozusagen als ein angemessenes Geburtstagsgeschenk für Christus,
nach dem wir die Zeit zählen und der unsere Versöhnung will.
Ein Jahr später nun ist einerseits
ein weiterer Fortschritt in der ökumenischen Ent-wicklung in Deutschland
zu begrüßen mit dem Vorliegen des Gesprächsergebnisses
der Bilateralen Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz und der Kirchenleitung
der VELKD zum Thema „Communio Sanctorum – Die Kirche als Gemeinschaft der
Heiligen“. Mit der Methode des „differenzierten Konsenses“ wurden u.a.
so schwierige Themen wie „Der Petrusdienst“ und „Die Kirche als Zeichen
und Werk-zeug des Heils“ behandelt und dabei festgestellt, wie groß
die erreichte Übereinstimmung im grundlegenden und wesentlichen Gehalt
einer bislang umstrittenen Lehre ist, bzw. erläutert, dass und warum
die verbleibenden Lehrunterschiede als zulässig gelten können
und die Übereinstimmung im Grundlegenden und Wesentlichen nicht in
Frage stellen.
Andererseits hat die Erklärung „Dominus
Jesus“ der römischen Kongregation für die Glaubenslehre das ökumenische
Gespräch nachhaltig belastet. Nach begrüßenswerten Darlegungen
über die Einzigartigkeit und Universalität des Heils in Christus
wird dieses auf die Kirche bezogen und erklärt: „Es gibt eine einzige
Kirche Christi, die in der katholischen Kirche subsistiert und vom Nachfolger
Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird.“
Dann werden Kirchen erwähnt, „die zwar nicht in vollkommener Gemeinschaft
mit der katholischen Kirche stehen, aber durch engste Bande, wie die apostolische
Sukzession und die gültige Eucharistie, mit ihr ver-bunden bleiben“.
Die volle Gemeinschaft mit der katholischen Kirche fehlt diesen Teilkirchen,
„insofern sie die katholische Lehre vom Primat nicht annehmen, den der
Bischof von Rom nach Gottes Willen objektiv innehat und über die ganze
Kirche ausübt“. Hiernach folgen „die kirchlichen Gemeinschaften, die
den gültigen Episkopat und die ursprüngliche und vollständige
Wirklichkeit des eucharistischen Mysteriums nicht bewahrt haben“. Von ihnen
wird gesagt: Sie „sind nicht Kirchen im eigentlichen Sinn“.
Mit dieser wenig freundlichen Erklärung
fällt ein bezeichnendes Licht auf eine Anmerkung in der GER. Dort
heißt es in der Anmerkung 9: „In dieser Erklärung gibt das Wort
‚Kirche’ das jeweilige Selbstverständnis der beteiligten Kirchen wieder,
ohne alle damit verbundenen ekklesiologischen Fragen entscheiden zu wollen.“
Schon in den Beratungen über die GER wurde auf die Gefahren dieses
Satzes aufmerksam gemacht. Der Versuch, im Anhang zur „Gemeinsamen Offiziellen
Feststellung des Lutherischen Weltbundes und der Katholischen Kirche“ zu
einer vorläufigen Verständigung zu kommen durch die Formulierung
„die Katholische Kirche und der Lutheri-sche Weltbund haben den Dialog
als gleichberechtigte Partner (‚par cum pari’) begonnen und geführt“,
muss als gescheitert angesehen werden. Denn die Glaubenskongregation formuliert
in „Dominus Jesus“ (freilich mit Blick auf den interreligiösen Dialog):
„Die Parität, die Voraussetzung für den Dialog ist, bezieht sich
auf die gleiche personale Würde der Partner, nicht auf die Lehrinhalte“.
Daraufhin hat die Nordelbische Synode
auf ihrer Herbsttagung am 23. September 2000 in Lübeck erklärt:
"Im Blick auf das besondere Verhältnis
zur römisch-katholischen Kirche erinnert die Synode an ihren Beschluss
über die 'Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre' und
zugleich an die 'Gemeinsame Offizielle Feststellung' von Römisch-Katholischer
Kirche und Lutherischem Weltbund vom 31.10.1999. Deshalb hat sie mit Bestürzung
die Ausführungen zum Verhältnis zwischen der Römisch-Katholischen
Kirche und den Kirchen der Reformation in der Erklärung 'Dominus Jesus'
der Kongregation für die Glaubenslehre der Römisch-Katholischen
Kirche zur Kenntnis genommen.
Wir stellen fest:
a) Die Aussage, die Kirchen der Reformation
seien nicht 'Kirchen im eigentlichen Sinne' versucht, das Ergebnis der
Gespräche über das Kirchen- und Amtsverständnis vorwegzunehmen,
zu dem sich beide Seiten in der 'Gemeinsamen Offi-ziellen Feststellung'
verpflichtet haben.
b) Unser Selbstverständnis von Kirche
hängt nicht ab von der Anerkennung durch den Vatikan. Maßgeblich
bleibt für uns Art. 7 der Augsburgischen Konfession: 'Es wird auch
gelehrt, dass allezeit eine heilige, christliche Kirche sein und bleiben
muss, die die Versammlung aller Gläubigen ist, bei denen das Evangelium
rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht
werden.' Die Fülle des Evangeliums weist uns auf die Geschwister im
Glauben und verwirklicht sich in der Ökumene als Gemeinschaft von
Kirchen in Vielfalt.
c) Wir bedauern insbesondere, dass in
der Erklärung 'Dominus Jesus' die Frage des Verhältnisses der
katholischen Kirche zu den nichtchristlichen Religionen ohne sichtlichen
Grund mit der Frage des Verhältnisses zu den nichtkatholischen Kirchen
vermischt wurde.
d) Wir lassen uns in unserem Glauben an
die eine Kirche Jesu Christi nicht erschüt-tern und werden unseren
Dialog und unsere Zusammenarbeit mit den katholischen Schwestern und Brüdern
beharrlich fortsetzen und wir ermutigen unsere Gemeinden ausdrücklich
dazu, das auch zu tun."
Ich meine, wir können uns dieser
Erklärung nur anschließen. Der Kirchenkreis Herzogtum Lauenburg
wird jedenfalls im Geist dieser Erklärung Gastgeber für das ökumenische
Pfingstfest 2002 sein.
Gern habe ich übrigens gelesen, was
Prof. Dr. Fulbert Steffensky am 12.09.2000 zu diesem Thema im Hamburger
Abendblatt geschrieben hat:
"Rom bürdet sich eine fürchterliche
Last auf in der Behauptung, die wahre Kirche zu sein. Wer an Gott glaubt,
braucht nicht selber Gott zu spielen. Er muss nicht alles sein, er kann
begrenzt und fehlbar sein. Das gilt auch für die Kirchen. Keine der
Ein-zelkirchen muss die Last tragen, die einzige zu sein. Aber darum ist
auch keine der Kirchen genug. In keiner der Kirchen ist man ganz zu Hause.
Alle sind als Einzelkirchen zu eng, zu bescheiden und zu wenig, jedenfalls
wenn man große Wünsche an die Kirche hat. Am engsten und unerträglichsten
sind die Kirchen dort, wo sie glauben, das einzige 'Haus voll Glorie' zu
sein und der anderen nicht zu bedürfen. Den Menschen ehrt seine Bedürftigkeit
und Angewiesenheit. Es ist eine Erleichterung und eine große Lebensschönheit,
bedürftig zu sein. Die Tatsache, dass meine Einzelkirche nicht alles
ist, und dass ich in meiner Kirche darum nicht ganz zu Hause bin, verweist
auf die anderen Kirchen. Der Mangel im Eigenen macht bedürftig, und
so macht er geschwisterlich. Nur bedürftige Menschen sind geschwisterliche
Menschen, und den Autarken ist nicht zu trauen. Das gilt für Menschen,
und das gilt für Systeme. Die Vorläufigkeit und die Begrenztheit
der eigenen Kirche macht einen zum Spieler. Man braucht nicht nur der stumpfe,
sich selbst genügende Katholik, Orthodoxe, Lutheraner oder Reformierte
zu sein.
Es gibt eine Lust zwischen den Zeilen
zu leben, zwischen den Häusern und zwischen den Welten. Es ist die
Lust, in mehr Häusern beheimatet zu sein als nur in einem. Es ist
die Unbescheidenheit, mehr Welten zu wollen als nur die eigene bescheidene
Lebenswelt. Heimat verdummt, wenn man nur eine kennt. Wer mehr als ein
Haus kennt, ist nicht mehr eingekerkert in ihm. Wer mehr als eine Kirche
kennen gelernt hat, lernt seine eigene zu lieben, und sie zugleich als
begrenzt zu empfinden.
Er lernt Humor und die wundervolle und
lebensrettende Gabe der Skepsis seiner eigenen Heimat gegenüber. Die
Wahrheit kann nicht eingefangen werden in einer Kirche, nicht einmal in
allen zusammen. Religiöse Gruppen werden erst dann erträglich
und für andere ungefährlich, wenn sie dies wissen, und wenn sie
ihre eigene Endlichkeit schätzen und annehmen."
Was die Kirche zur Kirche macht
Schon die Nordelbische Synode hat in ihrer
Erklärung vom 23.09.2000 deutlich gemacht, dass unser Selbstverständnis
als Kirche nicht von der Anerkennung durch den Vatikan abhängt. Maßgeblich
bleibt für uns Art. 7 der Augsburgischen Konfession mit seiner Konzentration
auf Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung. Aber das ist noch nicht
alles, was wir über die Kirche zu sagen haben. Es war der kürzlich
verstorbene Bischof und ehemalige Lauenburgische Landessuperintendent Prof.
Dr. Joachim Heubach, an den wir an dieser Stelle voller Respekt und Dankbarkeit
denken, der in einer Festschrift für den finnischen Theologen Erkki
Kansanaho auf den spirituellen Aspekt der Ekklesiologie Luthers hingewiesen
hat: „Wenn die Confessio Augustana als notae ecclesiae ‚Wort und Sakrament’
aufführt, so werden beide Kennzeichen der Kirche von Luther immer
wieder durch sieben Heiligungsmittel eminent geistlich bestimmt und vertieft:
Dabei wird einem allerdings auch deutlich, wie oft und bisweilen weit wir
in unserem Denken und Handeln uns von solcher Sicht des Wesens der Kirche
entfernen, bzw. entfernt haben.“
In seiner Schrift "Von den Konziliis und
Kirchen" (1539; WA 50,509-653) hat Luther ausführlich über das
wahre Wesen der Kirche gehandelt. Er nennt in dieser Schrift sieben (bzw.
acht) Kennzeichen der Kirche, die er auch als die sieben Hauptstücke
oder Heiligungsmittel bezeichnet. Er sagt: Die Kirche erkennt man daran,
(1) dass sie das Wort Gottes hat,
(2) am rechten Gebrauch der Taufe,
(3) am rechten Gebrauch des Abendmahls,
(4) an der praktizierten Beichte und Absolution,
(5) an ihren Ämtern,
(6) am öffentlichen Gebet und Gottesdienst,
(7) an der Anfechtung, die die Kirche
leidet ("das Heiligungsmittel des heiligen Kreu-zes").
Luther bezieht also die signa ecclesiae
auf sieben Heiligungsmittel. Er nennt sie die Hauptstücke der „Heiligung“.
Daher führt er in der genannten Schrift als letztes Kennzeichen der
Kirche noch einen gesonderten Punkt an: Die Kirche erkennt man
(8) an der Heiligung ihrer Glieder.
"Über diese sieben Hauptstücke
hinaus gibt es nun auch mehr äußerliche Zeichen, an denen man
die heilige christliche Kirche erkennt, nämlich, dass uns der Heilige
Geist auch nach der zweiten Tafel Mose heiligt: wenn er uns hilft, dass
wir Vater und Mutter von Herzen ehren, und sie umgekehrt (ihre) Kinder
christlich erziehen und ehrlich leben. Wenn wir unsern Fürsten und
Herrn treu, gehorsam dienen und unter-tan sind und sie umgekehrt ihre Untertanen
lieb haben, sie schützen und beschirmen. Ferner: wenn wir niemand
gram sind, keinen Zorn, Hass, Neid noch Rachgier gegen unseren Nächsten
hegen, sondern gern vergeben, gern leihen, helfen und raten. Wenn wir nicht
unzüchtig und Säufer, stolz, hoffärtig, prächtig, sondern
keusch, züchtig, nüchtern, freundlich, gelinde, sanft- und demütig
sind; nicht stehlen, rauben, wuchern, geizen, überteuern, sondern
milde, gütig, genügsam, mitteilsam; nicht falsch, verlogen, meineidig,
sondern wahrhaftig, beständig sind und was mehr an solchen Geboten
gelehrt wird, wie das alles Paulus hin und her (vgl. Röm. 13,1ff.;
Gal. 5,19ff.) reichlich lehrt. Denn deshalb müssen wir auch die Zehn
Gebote haben, nicht allein, damit sie uns als Gesetz sagen, was wir zu
tun schuldig sind, sondern auch, dass wir daran sehen, wie weit uns der
Heilige Geist mit seiner Heiligung gebracht hat und inwiefern es noch fehlt,
auf dass wir nicht sicher werden und denken, wir hätten jetzt alles
getan, und so immerfort in der Heiligung wachsen und stets immer mehr eine
neue Kreatur in Christus werden. Es heißt: 'Wachset aber in der Gna-de
und Erkenntnis' (2.Petrus 3,18), und 'Nehmet immer mehr zu' (1. Thess.
4,1.10).
Ein solches Zeichen kann aber nicht als
so zuverlässig angesehen werden, wie die oben (angeführten),
weil auch etliche Heiden sich in solchen Werken geübt haben und wohl
zuweilen heiliger erscheinen als die Christen: aber das geht doch nicht
so rein und einfältig aus dem Herzen um Gottes willen hervor, sondern
sie suchen et-was anderes dabei, weil sie keinen rechten Glauben noch Erkenntnis
Gottes haben. Hier aber ist der Heilige Geist da, der das Herz heiligt
und solche Frucht aus 'gutem feinen Herzen' (hervor)bringt, wie Christus
im Gleichnis vom Sämann (Luk. 8,15) sagt. Und obwohl die erste Tafel
höher steht und hier das größere Heiligungsmittel sein
muss, habe ich in der zweiten Tafel alles zusammenfassen wollen; sonst
hätte ich's entsprechend den sieben Geboten (der zweiten Tafel) auch
wohl in sieben Heiligungsmittel oder Hauptstücke aufteilen können.
Da haben wir nun zuverlässig: was,
wo und wer sie sei, die heilige christliche Kirche, das heißt: das
heilige christliche Volk Gottes. Und das kann uns nicht fehlgehen, dessen
sind wir ganz sicher. Alles andere außerhalb dieser Stücke kann
fehlgehen und geht gewiss fehl." (WA 50,643-649)
Machen wir uns also daran, im Geist ökumenischer
Verbundenheit und im Blick auf die Heilige Schrift daran zu buchstabieren,
was, wo und wie wir miteinander Kirche sind. Als Gesprächsergebnis
des deutschen Dialogs über die Kirche als Gemeinschaft der Heiligen
hat die Bilaterale Arbeitsgruppe festgehalten:
„Gemeinsam können wir folgendes aussagen:
1. Die Kirche ist Geschöpf des Wortes
(creatura verbi) und zugleich Dienerin des Wortes (ministra verbi), das
ihr übertragen ist.
2. Die Kirche ist durch ihre ganze Existenz
Zeichen des Heilswillens Gottes, der will, ‚dass alle Menschen gerettet
werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen’ (1 Tim 2,4).
3. Die Kirche ist als Vermittlerin von
Wort und Sakrament Werkzeug der Gnade.
4. Die Kirche ist durch den Empfang und
die Vermittlung von Wort und Sakrament auch selbst in ihrem Wesen geprägt.
5. Die Kirche bleibt stets dem Herrn untergeordnet,
und das Heil bleibt auch im Wirken der Kirche Gottes Gabe. In diesem Sinne
ist das Verhältnis von Christus und Kirche als Miteinander von Einheit
und Unterschiedenheit zu bestimmen.
Wo dies gemeinsam gelehrt wird, ist eine
sachliche Übereinstimmung gegeben, auch wenn die analoge Verwendung
des Begriffes ‚Sakrament’ auf die Kirche unterschiedlich beurteilt wird.“
(CS 89)
Ich bin gespannt, wie die ökumenischen
Gespräche über das Kirchen- und Amtsverständnis auf nationaler
und internationaler Ebene weitergehen werden. Die Irritation durch die
Erklärung „Dominus Jesus“ in diesem Punkt wird uns von weiteren Gesprächen
und einer geduldigen ökumenischen Gesinnung nicht abhalten.
Vom nötigen Respekt gegenüber
der neugewählten Bischöfin
Als neugewählter stellvertretender
Bischof für den Sprengel Holstein-Lübeck (mit Wirkung vom 01.03.2001
für zunächst ein halbes Jahr) mache ich mir Gedanken darüber,
dass unsere neugewählte Bischöfin, Frau Bärbel Wartenberg-Potter,
sich bereits kurz vor ihrer Wahl mit dem Vorwurf der falschen Lehre auseinandersetzen
musste. Sie hat dazu in idea-Spektrum 38/2000 folgende Erklärung abgegeben:
1. "Idea behauptet fälschlich, ich
verehre eine ägyptische Totengöttin und schreibt: '... immer
wieder beruft sie sich auf das 'Land der großen Mutter' und der 'unverfälschten
Mondin'. Sie möchte vom 'strengen Vatergott' zur allliebenden Mutter-Göttin.'
Wahr ist, dass es sich bei den Zitaten aus meinem Buch 'Wir werden die
Harfen nicht an die Weiden hängen' um eine Darstellung jenes Teiles
der Frauenbewegung handelt, die der Kirche den Rücken gekehrt hat
und eine neue Spiritualität sucht. Mein Anliegen in dem Buch ist es
gerade, Frauen einen Platz in der Kirche zu erhalten und sie zu ermutigen,
den Frauen zu folgen, 'die an jenem (Oster-)Morgen von der ewigen Unzerstörbarkeit
des Lebens Jesu und jeden Lebens überzeugt wurden - Auferstehung aus
Kreuz und Grab - und begannen, Ostern zu verkünden, den Glauben ans
Leben und die Abschaffung von allen Kreuzen ...' (S. 70). Idea lässt
dieses klärende Zitat weg.
2. Idea stellt fälschlich einen Textbezug
her zwischen der Darstellung der Göttinnenbewegung (im 4. Kapitel)
und einer Bildbetrachtung (im 8. Kapitel) über Selket, die von mir
als 'Frauenstatue, die man in einem Pharaonengrab gefunden hat' (S. 127)
und nicht als Göttin eingeführt wird und über die ich ein
Gedicht schrieb. Idea zitiert: 'Sie hat mir viel Kraft geschenkt, diese
klar Entschiedene, für die täglichen Kämpfe und für
die Würde der Frauen.' Idea verschweigt den nächsten Satz: 'Sie
weigerte sich aber, in Konkurrenz zu treten zu den anderen Sinn-Bildern
in meinem Haus und in meinem Inneren. Sie hatte das nicht nötig, noch
hätte ich es zugelassen' (S. 128). Die Leser/innen haben nämlich
im 1. Kapitel des Buches das Bild von Oskar Kokoschka kennen gelernt: der
gekreuzigte Christus neigt sich zu den verhungernden Kindern Europas (S.
17), das in meinem Leben und dem Buch eine zentrale Rolle spielt. Zu keinem
Zeitpunkt war ich eine Anhängerin der Göttinnenbewegung, bekräftige
aber, dass die Bibel nicht nur in männlichen Bildern von Gott spricht."
Wir sollten diese Erklärung unserer
künftigen Bischöfin ernst nehmen und uns schützend vor sie
stellen. Es trifft auch uns, wenn schon im Vorfeld ihrer Einführung
zur Bischöfin für den Sprengel Holstein-Lübeck ihr Ruf an
einer empfindlichen Stelle verletzt und beschädigt wird. In Luthers
Erklärung zum achten Gebot heißt es: "Wir sollen Gott fürchten
und lieben, dass wir unserm Nächsten nicht ... bösen Leumund
machen, sondern sollen ihn entschuldigen, Gutes von ihm reden und alles
zum Besten kehren."
Ich erinnere noch einmal an ihren Lebenslauf,
wie er den nordelbischen Synodalen zur Wahl vorgelegen hat:
Bärbel Wartenberg-Potter wurde am
16. September 1943 in Pirmasens in der Pfalz geboren. Von 1963 bis 1968
studierte sie Germanistik und Theologie mit dem Ab-schluss Höheres
Lehramt, 1980 wurde sie zur Pfarrerin der württembergischen Landeskirche
ordiniert. Schwerpunkte ihrer beruflichen Aufgaben waren Fragen der Ökumene,
des Konziliaren Prozesses und der Frauen. So arbeitete sie in den frühen
siebziger Jahren im Bereich Mission und Ökumene. 1977 wurde sie Studienleiterin
im Zentrum für Entwicklungsbezogene Bildungsarbeit (ZEB). Von 1980
bis 1985 war sie Direktorin der Abteilung "Frau in Kirche und Gesellschaft"
beim Ökumenischen Rat der Kirchen in Genf. Danach wechselte Bärbel
Wartenberg-Potter nach Jamaika und dozierte am "United Theological College
of the West Indies", einer interkonfessionellen Einrichtung der karibischen
Kirchen. 1991 übernahm sie dann ein Gemeindepfarramt in Stuttgart.
Seit 1994 ist sie auch im Präsidium zur Vorbereitung des Deutschen
Evangelischen Kirchentages und seit 1997 Geschäftsführerin der
Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK). Bärbel Wartenberg-Potter
hat mehrere Bücher veröffentlicht und herausgegeben. Sie ist
mit Dr. Philipp Potter verheiratet, dem ehemaligen Generalsekretär
des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK).
Bärbel Wartenberg-Potter hat die
Synodalen der Nordelbischen Kirche durch eine beherzte und humorvolle Rede
mit großer geistlicher Ausstrahlung gewinnen können. „Die Herzen
flogen ihr zu“, titelte die Nordelbische Kirchenzeitung.
Über die Kirche schreibt sie in ihrem
Buch "Wir werden unsere Harfen nicht an die Weiden hängen", das ich
im Urlaub noch einmal gelesen habe und das ich Ihnen allen zur Lektüre
empfehlen möchte:
"... diese Kirche, diese Gemeinschaft
von Menschen, trägt in ihrem Schoß die unwiderstehliche Kraft
der unbewaffneten Wahrheit Jesu von der Einwanderung Gottes in die Welt,
von einem Gott, der aufgehört hat, auf himmlischen Thronen zu sitzen
und von ferne dem hilflosen Gerenne seiner Geschöpfe zuzuschauen,
sondern der sich einmischte, damit wir wüssten, wie wir wirklich menschliche
Menschen sein könnten durch unsere Verbindung zu dem Gott der Liebe,
der nichts anderes als unser zeitliches und ewiges Glück will.
Diese Kirche ist es aber auch, die mich
großzog mit vielen strengen Sätzen, mit vielen Kopfwahrheiten
und Moralismen, die meine Leibesexistenz als Frau schädigten.
Diese Kirche ist es, die mich oft quält,
irritiert und erröten lässt wegen ihrer legalistischen Strenge,
ihrer Veruntreuung der Welt an ein Jenseits, wegen ihrer hoffnungslosen
Ausgewogenheit in Fragen von Gerechtigkeit und Frieden.
Diese Kirche ist es, die tatenlos dem
Auszug der rebellierenden Frauen aus ihren Reihen zusieht, ohne den tieferen
Sinn und die Suche nach der absolut notwendigen Erneuerung unserer männlichen
Kopfreligion einzusehen.
Meine Liebe zur Kirche ist wie jede Liebe
gefährdet und kennt Zweifel, widerstrebende Gedanken und Gefühle,
aber sie besteht. Nicht immer sicher bin ich mir auch über die Gegenseitigkeit
dieser Liebe: ob die Kirche auch mich liebt, mich trägt und mich haben
will. So ist diese Liebe immer das Ergebnis von Arbeit und Gnade. Aber
das innerste Feuer, das sie ernährt, konnte niemals ausgetreten werden,
weder von rationalistischer Vernunftkritik noch von der bürokratischen
Gestalt der Kirche, noch von der Scham über uns Christen." (a.a.O.,
S. 30f.)
Wir sollten Respekt haben vor der Lebensleistung
und dem Lebensweg dieser Frau. Wir sollten unserer künftigen Bischöfin
deutlich machen, dass wir sie haben wollen, tragen und auch lieben, sie
jedenfalls unterstützen werden.
Die Leitbildentwicklung in der Kirchengemeinde
Schwarzenbek als Vorbild für den Kirchenkreis Herzogtum Lauenburg
In meinem Kurzbericht zur Juni-Synode
bin ich bereits auf die Gemeindeanalyse in der Kirchengemeinde Schwarzenbek
eingegangen. Das Gemeindeentwicklungsprojekt hat inzwischen seine zweite
Stufe „Entwicklung eines Leitbildes der Gemeindearbeit für die kommenden
Jahre“ abgeschlossen. Die Bedeutung eines Leitbildes für das weitere
Handeln hat sich aus dem Analyseergebnis selbst als notwendig herauskristallisiert
und könnte für weitere Leitbildentwicklungen im Kirchenkreis,
die ich hiermit anstoßen und anregen möchte, bedeutsam werden.
Als Leitbild der Ev.-Luth. Kirchengemeinde
Schwarzenbek wurde folgender Text vom Kirchenvorstand am 9. Mai 2000
verabschiedet:
Leitbild:
In den nächsten fünf Jahren
(2000-2004) wollen wir als Kirchengemeinde schwerpunktmäßig
integrativ und verbindend arbeiten, d.h. verschiedene, manchmal sogar ganz
aus dem Blick geratene Gruppen und Einzelpersonen miteinander im kirchengemeindlichen,
aber auch im städtischen und dörflichen Leben in Kontakt bringen.
Flexibilität und Offenheit unserer Arbeit bilden dazu unabdingbare
Grundlage, um christliche Glaubensinhalte situations- und zeitangemessen
vermitteln und leben zu können.
Ausgangslage:
Schwarzenbek verändert und vergrößert
sich seit Jahren stark. Aus einem Dorf ist eine Stadt mit teilweise noch
dörflicher Struktur geworden. Schon um 1970 herum ist ein großer
Stadtteil neu entstanden (Nordost), der bis heute nicht ganz in das städtische
Ganze integriert ist. In den letzten Jahren ist wiederum ein neuer, großer
Stadtteil mit vielen großstädtisch geprägten NeubürgerInnen
hinzugekommen (Mühlen-kamp), der sich zudem in der Bevölkerungsstruktur
(vorwiegend jüngere Familien) von dem anderer Stadtteile (mit älteren
Einwohnerinnen und Einwohnern) unter-scheidet, so dass sich derzeit drei
deutlich unterschiedliche und relativ unverbundene Stadtviertel feststellen
lassen (Alter Kern, Nordost, Mühlenkamp). Dies weist innerstädtisch
auf Integrationsbedarf, der sich im Stadtplan aufzeigen lässt: Bahn-schienen
und Möllner Straße zerteilen die Stadt in die genannten Teile,
während "die Brücke" Verbindungen symbolisiert und auch schafft.
Zudem stellt sich die Aufgabe, Randgruppen (z.B. Arbeitslose, ausländische
MitbürgerInnen, Aussiedler, sonstige sozial schwache Gruppen) in das
städtische Leben zu integrieren.
Auch unsere Kirchengemeinde hat sich in
den letzten Jahren stark verändert; deutliche Traditionsabbrüche
lassen sich erkennen. Aus einer traditionalistischen Gemein-de (in einem
ebenso konservativ geprägten Kirchenkreis) ist eine offene, zeitnahe
Gemeinde geworden, die bei aller Wandlungsfähigkeit an zentralen Inhalten
des Glaubens festhält. Die Veränderungen in der Stadt spiegeln
sich zudem im sukzessiven Entstehen kirchlicher Zentren (ursprünglich
St. Franziskus, 1972 dann St. Elisabeth, 1998 Haus der Kirche) wieder.
Die Gemeindeanalyse hat gezeigt, dass
vielen Menschen eine wandlungsfähige, mit der Zeit und den Menschen
gehende Kirche sympathisch ist. Das Verharren in alten Traditionen wird
oft sehr skeptisch gesehen. Umgekehrt befürchten andere Gruppierungen,
durch zu große Offenheit ginge die Substanz des Glaubens verloren
und durch zu viele Veränderungen würden manche Gemeindekreise
an den Rand gedrängt.
Hieraus ergibt sich als Aufgabe, als Gemeinde
auf der Basis christlichen Glaubens wandlungsfähig und in Bewegung
zu bleiben. Vorhandene Traditionen sind jeweils darauf hin zu überprüfen,
ob sie in der gegenwärtigen Situation den Aufgaben der Kirchengemeinde
gerecht werden und die Verkündigung des Evangeliums in Wort und Tat
eher fördern oder eher behindern.
Die Gemeindeanalyse hat zudem offensichtlich
gemacht, dass integratives Arbeiten aus vielen konkreten Gesichtspunkten
derzeit Vorrang haben sollte:
- Viele Aussiedler erscheinen in der Jugendarbeit
und in den Gottesdiensten (auch bei Amtshandlungen), werden aber sonst
kaum vom Gemeindeleben wahrgenommen.
- Alt-Schwarzenbeker und Neubürger
finden auch im kirchlichen Leben noch zu wenig zueinander.
- Randgruppen kommen kaum im Leben der
Gemeinde vor.
- Das gemeindliche Leben zwischen Schwarzenbek,
Grabau und Grove ist fast unverbunden.
- Zwischen Jung und Alt existieren kaum
Brücken (Generationenproblem).
- Anfragen nach der Gemeinschaft untereinander
werden von einzelnen oder Gruppen gestellt.
Weiterführung:
Theologisch lässt sich das integrative
Ziel trinitarisch (am dreieinigen Gott) veran-kern:
- Gott als Schöpfer hat alle Menschen
geschaffen und über sie gesagt: "Es ist nicht gut, dass der Mensch
allein sei" (1. Mose 2,18).
- Jesus Christus hat sein Handeln allen
Menschen (über Volks- und Religionsgrenzen hinweg) zugewandt; er bildet
den einen Leib der Kirche aus ihren vielen verschiedenen Gliedern (1. Kor.
11) und ist der Herr der ganzen Welt (Bild des Pan-okrators).
- Der Heilige Geist verbindet alle Menschen
im Glauben und überwindet Spaltungen (das Pfingstwunder in Apg. 2
als Gegenbild zur Sprachverwirrung in 1. Mose 11,1-9).
Offenheit und Wandlungsfähigkeit
bilden dabei keinen Selbstzweck und keinen In-halt, sind aber aus funktionalen
Gründen unbedingt notwendig, um gegenwärtige Lebensbedingungen
und die Botschaft des christlichen Glaubens wechselseitig aufeinander zu
beziehen.
Chancen:
Die Chance unserer Kirchengemeinde liegt
in der beschriebenen Situation:
- theologisch: in der integrativen Kraft
der Botschaft des Evangeliums;
- geographisch für Schwarzenbek:
in der lokalen Präsenz der jeweiligen kirchlichen Zentren in allen
drei Stadtvierteln;
- soziologisch: in 57% Kirchenmitgliedschaft
quer durch die Stadt;
- personell: in der Zuständigkeit
vieler Mitarbeitenden über das ganze Stadtgebiet und die Dörfer;
- historisch: in der starken Wandlungsfähigkeit
der Gemeinde in den letzten Jahren.
Konkretionen:
Mögliche Arbeitsziele dieses Gemeindeleitbildes
sind:
- Innergemeindlich: Überprüfung,
ob kirchengemeindliche Angebote separieren oder integrieren.
- Innergemeindlich: Blick auf das Zusammenwirken
der verschiedenen Gemeindeeinrichtungen.
- Innergemeindlich: Gesamtkonzept für
St. Franziskus, St. Elisabeth und das Haus der Kirche, gegebenenfalls auch
in der Werbung/Öffentlichkeitsarbeit (Logo!) dargestellt.
- Innergemeindlich: Frage nach dem Zusammenhalt
von Altem und Neuem, verschiedene Gruppen, Aktivitäten.
- Innergemeindlich: Angebote im Blick
auf Neubürger (Aufnahme derselben in die Kirchengemeinde).
- Nach außen: integrierende Kraft
für die verschiedenen Stadtteile, insbesondere Alter Kern, Nordost,
Mühlenkamp.
- Nach außen: integrierende Kraft
für die sonst oft vergessenen Randgruppen.
Für die genannten Konkretionen ist
unabdingbar, neue Wege zu beschreiten. Das Evangelium Christi erreicht
Menschen nicht, wenn die Form seiner Weitergabe an den Menschen der Gegenwart
vorbeigeht. Konkret heißt das beispielsweise, dass junge Familien
im Stadtgebiet Mühlenkamp zu Recht andere Formen kirchengemeindlichen
Handelns erwarten als ältere Schwarzenbeker der sogenannten "Kerngemeinde".
Von der Heiligung des Sonntags
Im September fand wieder eine Klausurtagung
des Konvents der Pastorinnen und Pastoren unseres Kirchenkreises im Christophorushaus
in Bäk bei Ratzeburg statt. Bei dieser Gelegenheit hörten wir
ein interessantes Referat von Prof. Dr. Horst W. Opaschowski vom B.A.T.
Freizeit-Forschungsinstitut in Hamburg, der seinen Wohnsitz bei uns im
Kirchenkreis, in der KG Börnsen, hat. Ich möchte Ihnen aus diesem
Referat den Abschnitt über die Heiligung des Sonntags vortragen in
der Erwartung, dass die Ergebnisse der Untersuchung Sie überraschen
und zur weiteren Diskussion anregen werden:
"Der Sonntag ist den Deutschen lieb und
heilig. Eine klare Absage erteilt die Bevölkerung allen Versuchen,
den Sonntag zu einem Werktag wie jeden anderen zu machen. Einkaufen rund
um die Uhr? Behördengänge erledigen? Oder gar arbeiten gehen?
Die überwiegende Mehrheit der bundesdeutschen Bevölkerung (56%)
will davon nichts wissen. Die Sonntagsruhe soll unter allen Umständen
beibehalten wer-den. Denn der Sonntag - in Artikel 140 des Grundgesetzes
als Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung bezeichnet - wird von
den meisten Bundesbürgern auch tatsächlich so gelebt. Drei Viertel
der Bundesbürger halten sich sonntags regelmäßig in ihrer
Wohnung oder in Wohnungsnähe auf. Lediglich 26 Prozent der Bevölkerung
unternehmen etwa alle ein bis zwei Wochen einen Sonntagsausflug mit dem
Auto, der Bahn oder dem Fahrrad. Alle übrigen genießen mehr
die Sonntagsruhe zwischen Ausschlafen (52%), Fernsehen (87%), Radio hören
(55%) und Telefonieren (56%). Die sonntäglichen Staus auf den Straßen
vermitteln ein falsches Bild: Aus Gewohnheit und Gedankenlosigkeit steuern
viele Autofahrer zur gleichen Zeit das gleiche Ziel an. Gegen 11.00 Uhr
und gegen 18.00 Uhr sind daher Staus angesagt. So geraten Autofahrer in
die selbstgeschaffene Zeitfalle. In Wirklichkeit ist nur etwa jeder sechste
Bundesbürger (16%) sonntags mit dem Auto unterwegs.
Im Zeitvergleich ist feststellbar, daß
der Sonntag in Deutschland seine persönliche Bedeutung als der ruhigste
Tag der Woche, der erholsamste und der schönste Tag beibehalten hat
- allerdings mit abnehmender Tendenz. Der Konsum-Dreiklang von Shopping/Kino/Essengehen
findet vielfach schon während der Woche oder vor dem Wochenende statt.
Der schönste Tag der Woche muß nicht immer der Sonntag sein.
Im Zeitvergleich der letzten zehn Jahre ist erkennbar, daß der Sonntag
an Erholungswert verliert.
Der Sonntag büßt zunehmend
auch seinen Gemeinschaftscharakter ein: Nur mehr für etwa jeden achten
Bundesbürger ist der Sonntag der geselligste Tag der Woche. Wer Ruhe
und 'seelische Erhebung' sucht, geht offensichtlich der Geselligkeit oder
gar dem Kontaktstress aus dem Wege. Der deutsche Sonntag bleibt also im
subjektiven Erleben der Bürger ein unverzichtbarer Ruhetag, ein schöner
Tag - und nur eben manchmal ganz schön langweilig, nicht etwa für
die Rentner (8%), sondern für die Jugendlichen: Für jeden fünften
Jugendlichen im Alter von 14 bis 24 Jahren (21%) ist der Sonntag 'der langweiligste
Tag der Woche'. So hat der Sonntag zwei Gesichter: Was die deutsche Sonntagsseele
'gemütlich' nennt, also Ruhe, Harmonie und Geborgenheit, schließt
im Einzelfall auch leere Stunden mit ein, die Jugendliche als Langeweile
und alte Menschen als Einsamkeit empfinden können.
Der Sonntag ist auch ein religiöser
Feiertag, ein 'Tag des Herrn' und für Christen ein 'Kulturgut' ersten
Ranges, das nicht einfach Wirtschafts- und Konsuminteressen geopfert werden
darf. Der Sonntag hat seine besondere Bedeutung als letzter gemein-samer
Ruhepunkt unserer Gesellschaft bzw. Rastplatz der Familie. Die Individualisierung
der Gesellschaft hat allerdings inzwischen auch den Sonntag erreicht. Gelebt
wird nach der Devise: 'Der Sonntag gehört mir.'
Wird die Sonntagsheiligung zunehmend durch
die Erlebniskultur ersetzt? Die Sonntagsrituale der Deutschen sprechen
eine andere Sprache: Fast jeder fünfte Bundesbürger (19%) ist
ein regelmäßiger Kirchgänger und besucht 'mindestens zweimal
im Monat' einen Gottesdienst. Auf einen Freizeitparkbesucher (7%) kommen
mehr als zwei Kirchgänger. Selbst Besuche von Sportveranstaltungen
(12%) oder Volksfesten (13%) finden deutlich weniger Resonanz, von Diskotheken
(9%) oder Spielhallen (2%) ganz zu schweigen.
Der Sonntag und insbesondere das Sonntags-Shopping
sind in den letzten Monaten ins Gerede gekommen und haben ihre Spuren hinterlassen.
Die Frage: 'Was würden Sie sonntags am liebsten machen, wenn Sie die
Möglichkeit dazu hätten?' beantworten 22 Prozent der Bevölkerung
mit 'Einkaufen gehen', wofür sich am meisten die 14- bis 24-jährigen
Jugendlichen begeistern, weil für sie Shopping ein Freizeiterlebnis
ist. Hingegen wollen 81 Prozent der Bevölkerung ab 25 Jahren von Sonntagseinkauf
nichts wissen. Die Diskussion um den Sonntagseinkauf kommt mindestens eine
Generation zu früh.
Weil die überwiegende Mehrheit der
Bevölkerung am gesetzlichen Schutz der Sonntagsruhe festhalten will,
halten sich die offenen Wünsche in bescheidenen Grenzen: Etwa jeder
zwölfte Bundesbürger ab 14 Jahren (8%) würde gerne einen
Gottesdienst am Sonntagabend besuchen. Das könnten hochgerechnet über
fünf Millionen zu-sätzliche Gottesdienstbesucher sein, wenn die
Kirchen ebenso flexibel wie dienstleistungsorientiert auf solche Wünsche
reagieren würden. Statt Sonntagabendkrise zu Hause könnten die
Kirchen dem Wochenausklang eine neue Chance geben: Von Familie und Freunden
in Ruhe gelassen könnte die Seele durchatmen und zur Ruhe kommen.
Dann würde auch der Wochenanfang seinen Schrecken verlieren und der
Sonntagabend einen neuen Sinn bekommen: 'Ich freue mich auf den Montag'."
Nach diesem Ausflug zu einem uns immer wieder beschäftigenden Thema nun zu den Entwicklungen unseres Kirchenkreises seit unserer letzten Synodaltagung im Juni dieses Jahres:
Kirchenkreisangelegenheiten
· Das Sonderbauprogramm III mit
einem gesicherten Finanzvolumen von 3.050.000,- DM konnte aufgelegt werden.
· Nach grundlegender Änderung
des nordelbischen Kollektenplans hat der KKV 14 Kirchenkreiskollekten festgelegt:
13 Kollekten wie bisher (Äußere Mission 4x, Martin-Luther-Bund
3x, Patengemeinschaft Sahms 2x, Diakonieverein Sandora/ Litauen 2x, Kindertagesstätte
Bogotá 1x, Lauenburg-Ratzeburgische Bibelgesellschaft 1x) und eine
neue Kollekte für die Nordelbischen Bibelgesellschaften.
· Hinsichtlich der Wegstreckenentschädigung
wird gemäß Bundesreisekostenrecht verfahren. Die danach mögliche
Anerkennung von Privatfahrzeugen für dienstliche Zwecke soll weiterhin
restriktiv gehandhabt und auf begründete Ausnahmefälle beschränkt
werden. Die Kirchengemeinden sind gebeten worden, entsprechend zu verfahren.
· Der Kirchenkreis hat mit der
Schleswag einen Stromlieferungsvertrag abgeschlossen. Geschätzte Einsparung
für die Kirchengemeinden: rd. 19.500 DM (ca. 19,12%).
· Der Wartungsvertrag mit der Fa.
All For One (Pflegesoftware und Finanzbuchhaltung) wurde zum 31.12.2000
gekündigt. Statt dessen wird ab 01.01. 2001 für die Finanzbuchhaltung
(kaufmännische Buchführung) des Kirchenkreisamtes das RNB-Programm
"EBS" angeschafft.
· Ein Arbeitsschutzausschuss wurde
gemäß den gesetzlichen Bestimmungen gebildet.
Angelegenheiten der Dienste und Werke
· Am 24.09.2000 fand in Mölln
das diesjährige Lauenburgische Landesmissionsfest statt. Die öffentliche
Resonanz war gut, der Besuch aus den Kirchengemeinden hätte besser
sein können. Der AK Mission hat sich bereit erklärt, das Thema
„Ökumene“ in seine Verantwortung mit zu übernehmen und bei der
Vorbereitung des Ökumenischen Pfingstfestes 2002 der Nordelbischen
Kirche mitzuwirken. Gastgeber im Jahr 2002 wird der Kirchenkreis Herzogtum
Lauenburg sein.
· Herr Holst (stellvertretendes
Mitglied des Kirchenkreisvorstandes und Vorsitzender des Diakonieausschusses)
ist (zusammen mit Pastor Helms und Frau Goebel) zum vierten Mal nach Siebenbürgen/
Rumänien gereist. Es wurden Nahrungsmittel, Medizin, Kleidung und
weitere Hilfsgüter überbracht.
· Die Trägerschaft für
die Schuldnerberatungsstelle ist vom Verein Ev. Jugendhilfe auf das Diakonische
Werk des Kirchenkreises übertragen worden. Der Kreis Herzogtum Lauenburg
hat diesem Trägerwechsel zugestimmt. Der Verein soll zum 31.12.2000
aufgelöst werden.
· Die Stelle für eine Sachbearbeiterin
im Diakonischen Werk des Kirchenkreises wurde ausgeschrieben. Zahlreiche
Bewerbungen sind eingegangen. Die Stelle wurde an Frau Monica Schütte
vergeben.
· Das Ansverushaus Aumühle
wird die eigene Küche aufgeben und die Mahlzeiten beim Augustinum
Aumühle ordern. Entsprechende Änderungskündigungen wurden
ausgesprochen. Herrn Brunken ist eine Tätigkeit beim Kirchenkreis
als Revisor angeboten worden. Ein gleitender Übergang wird mit der
Ansverus Communität vereinbart. Der Kirchenkreis wird mittelfristig
sein finanzielles Engagement auf die Zahlung der Miete reduzieren.
· Das Frauenwerk des Kirchenkreises
hat ein Forschungsprojekt "40 Jahre Frauenwerk" in Auftrag gegeben und
einen Förderkreis gegründet.
· Eine Veranstaltung für Ehrenamtliche
fand am 13.10.2000 in Mölln statt.
Personalangelegenheiten
· Herr Fischer konnte sein 40jähriges
Dienstjubiläum begehen und ist mit der Freiherr-vom Stein-Medaille
ausgezeichnet worden.
· Propst Godzik feierte sein silbernes
Ordinationsjubiläum, Frau Gätsch ihr 25jähriges Dienstjubiläum.
· Herr Ernst ist zur röm.-kath.
Kirche übergetreten und damit als Lektor ausgeschieden.
· P. Zimmermann hat am 22.09.2000
in Geesthacht-Düneberg geheiratet. Die kirchliche Trauung vollzog
Propst Godzik.
Pfarrstellenangelegenheiten
· Vorgestellt wurden Pn.z.A. Almuth
Jürgensen in Büchen und P.z.A. Jan-Eric Soltmann in Brunstorf;
vorgestellt wird demnächst Pn.z.A. Barbara Neubert in Schwarzenbek.
· Eingeführt wurden P. Wolfgang
Matko in Lauenburg/E. und Dipl.-Theol. Astrid Thiele-Petersen in Ratzeburg
(Jugendpfarramt).
· Die Pfarrstelle in Gudow wurde
ausgeschrieben. Sieben Bewerbungen sind eingegangen. Ablauf der Bewerbungsfrist
war der 13. November 2000.
· Pn. Silke Argens wird in Sandesneben
ab 01.01.2001 wieder auf einer vollen Pfarrstelle beschäftigt. Die
andere Pfarrstelle in Sandesneben hat einen ku-Vermerk bekommen.
· Der KV Mölln hat die Errichtung
einer weiteren Pfarrstelle in Mölln beantragt, damit das Ehepaar Rasmussen
sich die Stelle teilen kann.
Ausschüsse und Beauftragungen
· Der Strukturausschuss unter dem
Vorsitz von P. Erich Zschau hat sein Mandat an den Kirchenkreisvorstand
zurückgegeben. Der KKV hat diese Mandatsrückgabe akzeptiert und
Propst Godzik gebeten, die Überlegungen zur Regionalisierung in Zusammenarbeit
mit dem Konvent der Pastorinnen und Pastoren voranzutreiben.
· Herr Angenendt hat wegen einer
zu geringen Beteiligung sein Amt als Leiter des synodalen Arbeitskreises
"Die Rolle der Pastorin/des Pastors" zurückgegeben.
· Die Beauftragung für den
"Arbeitskreis Christen und Juden" hat Pn.z.A. Almuth Jürgensen, Büchen,
übernommen.
· P. Jürgen Hensel, St. Georgsberg,
bereitet einen Internetauftritt des Kirchenkreises in Absprache mit der
Öffentlichkeitsbeauftragten, Pn. Samone Fabricius, vor. Er soll zum
Internet-Beauftragten des Kirchenkreises ernannt werden.
Angelegenheiten der Kirchengemeinden
· Die KG Kuddewörde wird den
Gemeindeteil Köthel-Stormarn von der Kirchengemeinde Trittau übernehmen
und mit Hilfe des Kirchenkreises für die Renovierung der Kapelle in
Köthel sorgen.
· Die St. Georgsberger Pastoren
haben in einer öffentlich beachteten Aktion alle Neubürger des
Neubaugebiets Barkenkamp in Ratzeburg besucht.
· Der neue Kindergarten in Büchen
wurde am 9. November eingeweiht.
· Die Kirche in Niendorf/St. konnte
nach der Renovierung am 12. November wieder in Betrieb genommen werden.
· Das Gemeindehaus in Mölln
(Bezirk Heiliggeist) steht kurz vor der Einweihung.
· Die bisher noch bestehenden Pfarramtskassen
mussten aufgrund der neuen Spendengesetzgebung aufgelöst und in die
Haushalte der Kirchengemeinden überführt werden.
· Kassenprüfungen in Gudow,
Gülzow und Sahms ergaben keine Beanstandungen.
· Die KG Sahms wurde im Oktober
2000 visitiert. Der Visitationsbericht liegt vor und kann eingesehen werden.
Ratzeburg, im November 2000
gez. Peter Godzik, Propst