Offenbarung des Johannes -
apokalyptisches Spektakel oder Spiegel der Seele

In diesen Tagen gewinnt man den Eindruck, daß ein Buch der Bibel eine ausgesprochene Popularität erlangt hat: die Offenbarung des Johannes. Bei ihrer Deutung geht man zumeist von der Frage aus, welche irdischen Tatsachen hier in allegorischen Bildern dargestellt werden. In dieser prophetischen Schau verbergen sich aber Weisheiten und Einsichten über die Entwicklung des Menschengeschlechts, die eher meditativ und existentiell aufgeschlüsselt werden müssen. Dabei zeigt sich, daß die Offenbarung des Johannes in ihren spirituellen Aussagen für die heutige Zeit von höchster Aktualität ist. Wer die dramatischen Kämpfe zwischen Christ und Antichrist in der Offenbarung lesen lernt, kann diese Spannungen im gegenwärtigen Zeitalter auf verschiedenen Ebenen wiedererkennen und daraus für sein eigenes Streben nach spi-rituellem Wachstum das gewinnen, was ihm Richtung gibt und Ziele setzt.
Im Wiederkommen des Christus naht sich eine alles verwandelnde geistige Sphäre, was von der Menschheit einen Bewußtseinswandel erfordert. Deutlich bemerkbar sind in den kulturzerstörenden Niedergangskräften unserer Zivilisation Anzeichen dessen, was die Offenbarung des Johannes den "Sturz Babylons" nennt. Demgegenüber steht das "himmlische Jerusalem", das Gott den Menschen als neue Lebensmöglichkeit schenkt und das sie im Glauben schon jetzt ergreifen können. Die Menschheit vollzieht in gewissem Sinne das Weltgericht an sich selbst: Es liegt in der Freiheit des einzelnen, sich am Bau der neuen Welt zu beteiligen. Die auseinanderklaffende Zweiheit von Babylon und Jerusalem am Ende der Offenbarung ist eine eindringliche Lehrtafel für das falsche und richtige "Bauen". Durch wahre christliche Frömmigkeit und Lebensgesinnung kann der Mensch in alles irdische Denken und Handeln die Kräfte einfließen lassen, die eine wahrhaft spirituelle Kultur der Zukunft in Frieden und Gerechtigkeit und Anbetung des Heiligen ermöglichen.
Die Offenbarung des Johannes ist ein Spiegel, der, wenn man ihn einem Zeitalter oder auch der eigenen Person vorhält, nicht nur das äußere, sondern auch das verborgene Antlitz der menschheitlichen Entwicklung sichtbar macht. Zum Begreifen unseres eigenen Lebensweges in der Auseinandersetzung mit den Kräften der Gegenwart ist ein Zurateziehen dieses letzten Buches der Bibel besonders unentbehrlich.
Gemeinde und Kirchenkreis sind herzlich eingeladen, sich im Januar/Februar und Mai/Juni 2000 an 2 x 6 Abenden mit der Auslegung der Offenbarung des Johannes zu beschäftigen, jeweils donnerstags um 19.30 Uhr im Petri-Forum Ratzeburg. Herzliche Einladung!

Ihr Propst Peter Godzik