Krankheit und Heilung

von Peter Godzik und Stefan Wolfschütz

Wer erinnert sich nicht - als Kind, da pflegten Mütter auf der Skala des Fieberthermometers abzulesen, welchen Grad die Krankheit erreicht hatte. Entsprechend sah die Stufenleiter der Gegenmaßnahmen aus. Angefangen bei den heißen Tees und Wadenwickeln bis hin zu bitteren Pillen und Spritzen besaß und besitzt die Medizin Mittel gegen Krankheit. Mit solchen Mitteln wird Krankheit bekämpft, meistens besiegt, und schnell ist dann ein Fieber vergessen.

Insbesondere die jüngere Geschichte der Medizin ist geprägt von solchem Kampf gegen die schlimmen Ausprägungen von Krankheit. Da werden Siege errungen, in denen sogar Strahlenkanonen eine entscheidende Rolle spielen. Hinter solch kämpferischem Sprachgebrauch verbirgt sich ein bestimmtes Bild von Krankheit. Krankheit erscheint darin als etwas Bekämpfenswertes, weil sie den Menschen und sein Leben bedroht. Wollte man dies in ein Bild fassen, so stünden sich darin Krankheit und Mensch als unerbittliche Feinde gegenüber.

Es gibt eine andere Sicht, die besagt, dass Krankheit nicht als Gegenüber betrachtet werden muss, sondern ein notwendiger Bestandteil meiner selbst ist. Ein solches Bild legt nicht den Kampf nahe, sondern eine verständnisvolle Annäherung zusammen mit aller notwendigen medizinischen Behandlung.

Am Beispiel des kindlichen Fiebers vermag deutlich zu werden, was damit gemeint ist. Fieber ist immer nur Zeichen, niemals Ursache von Krankheit. Beim Kind bezeichnet Fieber einen neuen Entwicklungsschritt, das Kind fiebert Neuem entgegen, vielleicht dem neuen Zahn, der neuen Situation in der Schule oder im Kindergarten. Solches Fieber bedarf in der Regel keiner anderen Behandlung, ais liebevoller Zuwendung, eben Begleitung auf dem Weg zum Neuen. Dort angekommen ist das Fieber meist nach 2-3 Tagen vorbei, mit oder ohne Tabletten. Aus solchem Verstehen vermag sinnvolle Behandlung und Heilung zu erwachsen, Krankheit in diesem Sinn fällt nicht vom Himmel, sondern ist immer mit meinem gesamten Leben verwoben und weist auf eine tiefgreifende Veränderung in meinem Leben hin.

Wir wollen uns im Herbst und Winter dieses Jahres in einer gemeinsamen Veranstaltung dazu aufmachen, ein solches Bild von Krankheit und dann auch Heilung zu zeichnen. Dabei sind wir auf das offenmütige Gespräch angewiesen, denn es gibt hierbei keine vorformulierten Antworten. Wohl gibt es Ideen und Traditionen, vergessene und wiederentdeckte; aber dabei wollen wir nicht stehenbleiben. Die leitende Frage bei allem soll sein: Hat Krankheit etwas mit meinem eigenen Leben zu tun, den Menschen, denen ich darin begegne, ihrer Liebe, ihrer Nähe, ihrer Ferne, ihrem Hass und ihrer Angst, die sie mir und ich ihnen entgegenbringe?

Bei der gemeinsamen Suche nach einer Antwort geht es uns vor allem um ein christliches Verständnis und damit um einen christlichen Umgang mit Krankheit und dann auch Heilung. Christen stehen hier in einer guten Tradition, die heute allzumeist ungläubig bestaunt wird, etwa wenn von den Heilungswundern in den Evangelien berichtet wird. Wir meinen, dass solche Heilungsgeschichten heute aktueller denn je sind. Darum wollen wir einige dieser Geschichten in ihrer Dynamik entfalten, sie mit unserer heutigen Lebenssituation konfrontieren und uns so einem christlichen Umgang mit Krankheit nähern.

Dazu möchten wir alle interessierten Gemeindeglieder herzlich einladen. Wir wollen am 28. August um 20 Uhr im Gemeindehaus Nord, Moorweg 22, mit dieser Veranstaltung beginnen und sie jeweils donnerstags (alle 14 Tage) fortsetzen.

In: Kirche in Büdelsdorf. Information - Besinnung - Meinungsbildung, Ausgabe August 1986.