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Mitteilung Mai 1991

Gemeindekolleg der VELKD in Celle: Kirche in Bewegung

Celle, 06.05.1991

Gemeindeentwicklungsprojekt "Sterbende begleiten - Seelsorge der Gemeinde"

Sehr geehrte Damen und Herren,

zu einem menschlichen Leben gehört auch ein menschliches Sterben. In den letzten Jahren ist das Bewußtsein dafür gewachsen, daß es nicht ausreicht, schwerkranke und sterbende Menschen mit Apparate-Medizin optimal zu versorgen; die menschliche Begleitung, die Nähe und Wärme eines anderen oder einer anderen, die mitgeht - das wünschen wir uns und anderen für die letzte Wegstrecke des Lebensweges. Krankenhauspersonal und Angehörige sind mit dieser Aufgabe oft überfordert. Gerade in solch schweren Zeiten ist es Aufgabe der christlichen Gemeinde, sich als tragfähige und tragende Gemeinschaft zu erweisen.

Im Gemeindekolleg Celle wurde auf Anregung der VELKD-Synode zum Thema "Sterbende begleiten" (1988) ein Gemeindeentwicklungsprojekt erarbeitet und in ersten Pilotgemeinden erprobt, das sich dieser Aufgabe stellt. Sinn und Ziel dieses Projektes ist es

- Menschen, die sich z. B. nach einem schweren eigenen Verlusterlebnis irgendwann in der Gemeinde engagieren und für andere dasein wollen zu dieser Aufgabe zu befähigen;

- Angehörige Schwerkranker zu entlasten, die von der häuslichen Pflege überfordert werden;

- Laiinnen und Laien in ihrer fachlichen und geistlichen Kompetenz zu fördern und zu bestätigen, Menschen auf dem letzten Abschnitt ihres Lebens zu begleiten.

Projektverlauf:

Zwei Personen aus einer Gemeinde (in der Regel PfarrerIn und ein Laie/eine Laiin) nehmen an einem dreitägigen Einführungstraining des Gemeindekollegs teil. Auf dem Hintergrund der Geschichte von den Emmaus-Jüngern wird auf diesem Training die Frage nach Sterben und Tod fachlich und geistlich in den Blick genommen; dabei kommen auch eigene Vorerfahrungen, Betroffenheiten und Ängste zur Sprache. Das so vorbereitete Team gewinnt vor Ort etwa zehn bis zwölf Menschen, die bereit sind, sich für zunächst ein Jahr auf einen gemeinsamen Weg einzulassen. An acht Abenden trifft sich diese Gruppe mit den beiden LeiterInnen und bereitet sich auf das Praktikum vor. Zu solchen Abenden gehört regelmäßig ein Austausch in der Gruppe, ein meditatives Element, fachliche Informationen sowie Übungen (z. B. Rollenspiele). Ein ausführliches Handbuch hilft den LeiterInnen bei der Vorbereitung dieser Abende.

Es folgt eine sechs- bis neunmonatige Praxisphase, in der die GruppenteilnehmerInnen jeweils einen Menschen begleiten. Einmal pro Monat treffen sie sich zum Austausch und zur Fallbesprechung. Gegen Ende dieser Zeit findet ein zweitägiges Training statt, das der Vorbereitung auf die Abschlußphase dient. An wiederum acht Abenden (gegebenenfalls auch an zwei bis drei Abenden und an einem Wochenende) vertiefen die Gruppenmitglieder die gemachten Erfahrungen. Dabei kommt die geistliche Dimension des Todes und des Sterbens in besonderer Weise in den Blick.

Es ist davon auszugehen, daß die Mehrzahl der Gruppenmitglieder nach dieser Ausbildung im Besuchsdienst aktiv bleibt. Die Gestalt einer weiteren Supervision muß von der Gruppe selbst gefunden werden.

Voraussetzung für die Durchführung dieses Projektes ist ein Kirchenvorstandsbeschluß. Der Kirchenvorstand trägt die Kosten für die Ausbildung der beiden Leiterinnen (insgesamt DM 560,-- für das erste Training, DM 450,-- für das zweite Training). In besonderen Fällen kann das Training und die Ausbildung auch von einer übergemeindlichen Gruppe durchgeführt werden, z. B. im Zusammenhang mit der Klinikseelsorge. TeilnehmerInnen aus den neuen Bundesländern werden von uns auf Antrag bezuschußt.

Das nächste Einführungstraining findet vom 19.-22. September 1991 im Schloß Craheim (Unterfranken) statt.

Wir bitten bis spätestens 31. August um verbindliche Anmeldung und die Bestätigung, daß der Kirchenvorstand bzw. Pfarrgemeinderat das Projekt billigt und trägt.

Zum Ausbildungsteam im September gehören voraussichtlich als AusbilderInnen: Doris Hetzler (Bochum), Elisabeth von Spies (Flensburg), Pfarrer Gerhard Pfister (München), Pfarrer Andreas Ebert (Gemeindekolleg Celle).

Wir würden uns freuen, wenn Sie in Ihrer Gemeinde die Durchführung dieses wichtiges Projekts erwägen würden. Vielleicht können Sie auch in Ihrem Umfeld für dieses Projekt werben.

Mit freundlichen Grüßen
für das Gemeindekolleg Celle
Pfarrer Andreas Ebert, Celle