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Wanda 1913

Lebensstationen:

Grätz (1878-1896)

Breslau (1996-1911)

Schreiberhau (1911-1919)

Pillnitz (1920-1939)

Pillnitz (1939-1954)

Literatur:

Wanda Bibrowicz, Etwas über Bildwirkerei, Prometheus 31 (1920) 209-211.

Wanda Bibrowicz

In Breslau wirkte neben anderen hervorragenden Persönlichkeiten auch die begabte polnische Künstlerin Wanda Bibrowicz, die in der Geschichte der Webkunst dieser Stadt eine wichtige Rolle spielt, eine Rolle als Mitbegründerin eines modernen Stils der künstlerischen Webkunst, als Entwerferin und Herstellerin vieler individueller Werke, als Hochschullehrerin der Breslauer Königlichen Kunst- und Gewerbeschule.

Wanda Bibrowicz-Wislicenus war eine Künstlerin, die ihre Kunst im Grenzbereich der polnischen, schlesischen und deutschen Kultur schuf. Sie wirkte in Niederschlesien in der ersten Hälfte des 20. Jh. und trug zur Erneuerung des Kunsthandwerks und der Webkunst bei. Als ausgebildete Malerin widmete sie ihre Kraft und ihr Talent der Weberei. Ihr Schaffen illustriert sehr eindrucksvoll die Epoche, in der sie arbeitete. Der von ihr entwickelte, stimmungsvolle und poetische Kompositionen umfassende erzählende Stil setzt sich von den damals in der Graphik und Malerei vorherrschende abstrakte Formen ab. Ihre Gobelins charakterisiert hohe technische Qualität, gleichzeitig sind sie gänzlich der gestalterischen Konzeption untergeordnet. In ihrem Lebenswerk findet man auch kleinere künstlerische Objekte wie Schatullen aus Leder und Metall, Handtaschen und anderes.

Die Werke der Künstlerin sind gleichzeitig vollkommene Beispiele für die Erfüllung der Ideen der Arts and Crafts-Bewegung, die in der zweiten Hälfte des 19. Jh. in England von W. Morris eingeleitet wurde.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1945, als Schlesien polnisch wurde, blieben die erhaltenen Werke von Wanda Bibrowicz weiterhin in den für sie vorgesehenen Räumen. Sie wurden zu Nationalkunstschätzen sowohl für die polnische als auch für die deutsche Kultur, den zeitgenössischen Betrachter ebenso und mit gleicher Kraft ansprechend wie vor Jahren. Die Gobelins tragen dazu bei, eine kulturelle Brücke zwischen den benachbarten Nationen zu schlagen.

Mein besonderes Interesse für Wanda Bibrowicz als Künstlerin und Pädagogin der Breslauer Königlichen Kunst- und Gewerbeschule geht auf die Tagung zum 200-jährigen Bestehen der Breslauer Kunsthochschulen zurück, die 1988 von der Staatlichen Kunsthochschule (heute Kunstakademie) organisiert wurde. Damals erwähnte man unter den vielen anderen herausragenden Pädagogen, die vor dem Krieg an der Schule lehrten, den Namen der Polin - Wanda Bibrowicz. Ihr Lebensweg weckte mein Interesse aufgrund meines eigenen Schaffens im Bereich der Kunsttechnik und meiner emotionalen Verbindung mit ihr. Von nun an folgte ich den Spuren des Lebens und Schaffens dieser herausragenden Polin, um dokumentieren zu können, daß die Webkunst auch in Niederschlesien feste Wurzeln und eine fundierte Position aufweisen kann.

Mit der vorliegenden Schrift beende ich die langjährige Suche nach Dokumenten und Werken für das Studium der Biographie und Kunst von Wanda Bibrowicz. Die Mehrzahl des faktographischen Materials, auf dem meine Studie fußt, stammt aus Deutschland. Die immensen Verluste, welche die Kultur im Zweiten Weltkrieg erlitt, sind der Grund dafür, dass in Polen nur wenige Arbeiten der Künstlerin erhalten geblieben sind. Sie gehören zu den wertvollen Kunstschätzen des nationalen Erbes. Ich hoffe, dass die Studie den Leser auf den unvergänglichen Charakter des Schaffens von Wanda Bibrowicz-Wislicenus aufmerksam machen wird.

Ewa Maria Poradowska-Werszler